Lichtgeschwindigkeit 158
DAS BERLINER MANIFEST Abspann,
Grundsatzprogramm oder Parteiprogramm?
Kernsätze zur Piratenpartei Deutschland von Dr. Dietmar Moews,
Piratenpartei Deutschland, im Globus mit Vorgarten,
Berlin-Pankow Niederschönhausen,
aufgenommen am Montag, 13. Januar 2010.
Ich lade wissenschaftlich Interessierte ganz herzlich ein,
mit mir das BERLINER MANIFEST auf die nächste qualitative
Stufe zu höhen. Es ist die Gründung einer freien Piraten-Universität.
Dazu werde ich mit PIRATEN besprechen, wie wir beginnen.
Das Berliner Manifest enthält verschiedene Ambitionen:
Es ist Strategie-Debatte; es ist Theorie-Diskussion;
es ist Marxismus-Streit;
es ist Abgrenzungs-Streit gegenüber anderen Parteien;
es zielt auf Chancen beim Wähler;
es berücksichtigt die Piraten-Personnage, also wie, wer und
was, welche Menschen, sind Pirat.
Ich bin ein Künstlergelehrter. Hier spreche ich als Pirat
und IT-Soziologe.
IT-Soziologie ist eine Bindestrich-Soziologie, die auf
das Soziale gerichtet ist, das in der äußeren sozialen
Welt das IT-Erlebnis feststellt und analysiert.
Das IT-Politik-Erlebnis setzt sich zusammen aus den
sozialen Beziehungen der Produzenten und Konsumenten
und ihren Kollektiven, in deren prozessuralen Interaktionen
und Interdependenzen die IT-Politik und deren Benutzung
den Erlebnismittelpunkt bildet. IT-Politik, nicht gleich IT.
Die IT-Soziologie beginnt bereits damit, dass der Soziologe
die Höhe des Forschungsstandes beachtet und das soziale
Feld systematisch beobachtet.
Forschungsstand und Systematik sowie Publikation sind
Verflichtung jeder Wissenschaft.
Die weltweite IT-Bewegung braucht eine Gesellschaftstheorie
und einen integren Handlungsstil dazu. Hierzu gehört für
jede Piratenpartei die Selbsterkenntnis der eigenen politischen
Lage. Das Bewusstsein der eigenen gesellschaftlichen
Totalität ist horizontal, in allen Arbeitsfeldern und Teilbereichen
von Produktion, Konsumtion, Information und Distribution,
und vertikal, von lokalen Eigenarten hin zu regionalen und
weltkulturellen Unterschieden, wo immer Piratenwähler leben,
am aktuellen empirisch-wissenschaftlichen Forschungsstand
zu integrieren. Ausgehend von den selbstgesetzten Werten
der Piraten in der jeweils geltenden Parteisatzung gilt die
gesellschaftspolitische Lage in Deutschland aus IT-soziologischer
Sicht. Im Themenbaum finden sich die Strukturbaustellen der Piraten.
Motto
>Infolgedessen gehört alles, wozu man weder durch
Belohnungen noch durch Drohungen gebracht werden kann,
nicht in die Rechtssphäre des Staates< Spinoza
Baruch Spinoza: 1663/1871 Abhandlung vom Staate, S. 197:
Vom Recht des Staates, 3. Kap. § 8,
BERLINER MANIFEST
Berliner Piraten-Manifest als Denk- und Diskussionspapier
für die IT-Bewegung
Wohlverstanden, dass je präziser ein Parteiprogramm
ausgelegt wird, desto weniger Mitglieder stellen sich
dahinter, um es zu vertreten. Im Manifest geht es also um
Grundwerte, die alle miteinander verbinden, Piraten,
Piratenbewegung, IT-Bewegung, Gesellschaft.
Anlass war das schrittweise von digitalen Neuerungen
wandelnde Alltagsleben und neue Restriktionen:
Pirate Bay, kulturindustrielle Monopole der Verwerter und
Verteiler von Originalleistungen. Eine wirkliche Internationale
war konstituiert, ohne, dass die kollektivbildenden
lebensverändernden Kräfte in den politischen Folgen
angesprochen wurden. Auch die Wissenschaft schlief.
Die profitorientierte Wirtschaft blieb mit Blick auf die
finanzierenden Militärinteressen erstaunlich witzlos und
stumpf. Erst Sun Valley und Leute wie Bill Gates begriffen,
welche zivilen Aufgaben der IT-Entwicklung und einer
darauf bezogenen IT-Politik gestellt sind.
Die IT-Bewegung hat mit der weltweiten Piratenbewegung
ihre zivile Avantgarde gebildet: Das heißt: Nicht Zivilsten
haben eine revolutionäre Partei konzipiert. Sondern eine
totale Zeiterscheinung, die digitale Robotik und Telematik,
mit den virtuellen, der sinnlichen Kontrolle entkoppelten
Seinsweisen, zwingt den intelligeneren Teil der teilnehmenden
Menschheit dazu, sich politisch zu formieren.
Dem stehen die Traditionen, Abhängigkeiten und
machtbegehrlichen Dispositionen der Gegenwartswelt in
vielerlei Hinsicht entgegen. Wo ein weltweites Problem
auf lokale und regionale Menschen stößt, sind weltweite
naturwissenschaftliche Konzepte noch nicht die sozio-politischen
Lösungen. Deshalb müssen die bürgerrechtlich-liberal
angesprochenen PIRATEN jeweils kulturspezifische
Programme und Ausprägungen herstellen. Bürgerrechtler
in USA, wie Martin Luther King hatten andere Aspirationen
als Sacharow in Gorki. Heinrich Heine hatte andere als
Ralf Dahrendorf. Die europäische Revolutionsgeschichte
hat zwar Nationen in der europäischen Union zusammengebracht.
Doch man achte auf die sehr verschiedenen Ausprägungen,
sowhol der Staatlichkeiten wie der Arbeitsteilungen oder des
Liberalismus, wie in Frankreich anders als in England anders
als im 1. Deutschen Reich, im Zweiten deutschen Reich,
im Dritten Deutschen Reich und noch mal völlig verschieden
in der ersten Bundesrepublik.
Bis heute wird kaum beachtet, dass die Deutschen der
ehemaligen russisch besetzten deutschen Ostzone,
der späteren DDR, bis 1989, niemals vorher eine republikanische
Freiheit erlebt hatten. Deshalb haben die Deutschen heute ein
besonderes Problem mit Dienstklassenmentalität und
Unverständnis des Liberalismus. Die historisch völlig
verbrauchten Begriffe von Recht und Ordnung, Autorität und
Führung, bedingen, besonders unter den DDR-Ostdeutschen,
eine Ideologie eines vermeintlich dialektischen Verhältnisses
von Freiheit und Sicherheit. Freiheit als Bedrohung von
Sicherheit. Dem gegenüber steht ein idealistisch-utopistischer
Irrglaube, der sich, abgekürzt, mit dem Bild des
Kapitalismus-Vampirs. Im christlich-ideologisch geprägten
Hintergrund bietet die Erlösungshoffnung auf „Kommunismus“
den wirklichkeitsfremden Spielraum der politischen
Erleichterung. Das atheistische Heidentum der DDR-Deutschen
wirkt auch deshalb so nachhaltig, weil es die allzumenschliche
Tradition der Realitätsflucht und Erleichterung fortsetzt.
Unfreiheit, Unterwerfung, Inunrechtsetzung, Restriktionen, Bestrafung.
Es bedarf einer geistigen und einer sozialen Anstrengung,
eine Partei zu entfalten. Es ist keine Kunst, aus einem
Freiluft-Schwarm eine Caféhausgemeinschaft zu machen.
Man wartet auf einen Regenschauer und öffnet die Tür.
Mit einem Stichwort, Freiheit, Maté, Kaffee, Bier, Joint oder Ficken,
findet sich der Common Sense. Zur Aktivierung wird einfach
nach den Gegeninstanzen gerufen: Unfreiheit, Kein Saufen,
kein Rausch, kein Sex.
Aufklärung bei Immanuel Kant:
Die Kritik der Urteilskraft: Die Gemeinschaft muss sich auf
sprachlich gefasste Sätze
verständigen, die sich auf eindeutige Wertbestimmungen
und Wertverwirklichungsstrategien festlegen lassen.
Es geht um das in Geltung Setzen der Sprache. Es geht um
das Denken der Sprache vom Wissen um ein Können vom
Handeln.
Ich bin als freier Mensch geboren.
Die vier Fragen:
Was kann ich wissen?
Was muss ich tun?
Was darf ich hoffen?
Wie ist der Mensch?
Die Entzauberung des marxistischen Irrlaufs.
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, die Werte der
Französischen Revolution.
Triebverwirklichung, Triebhemmung, Triebverzicht:
das Drama des inneren und äußeren Schweinhunds.
Die Weltgeschichte integriert ein Wunder – mit oder ohne
uns Menschen. Es gibt eine neue Sinnlichkeit infolge der
sexuellen und der digitalen Kommuni-kations-Revolution.
Sämtliche Ligaturen unserer individualen und sozialen
Traditionen sind geschwächt und im Wandel. Die
menschliche Fortpflanzung ist nicht mehr an die Paarung
von Mann und Frau in traditionellen Familien gebunden.
Die IT-gestützte virtuelle Sozio-Kultur schafft Umgangsformen
ständig wechselnder Kollektive, die keine sinnliche Ortsbindung
aufweisen und damit die gegenseitige soziale Kontrolle
auflösen. Zwischen der alten Leiblichkeit und der virtuellen
An- bzw. Abwesenheit entstehen die neuen Lebensformen
der Dynamisierung, der Lähmung, der Irritation, der neuen
Ligaturen und Anomien. Das Manifest ist auf die geltende
Satzung der Piratenpartei Deutschland bezogen und wahrt
deren Werte und Normen.