Lichtgeschwindigkeit 6295
vom Sonntag, 21. Februar 2016
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In diesen Tagen vor 100 JAHREN begannen die furchtbar leidvollen und quälend geistlosen Kriegskämpfe der Deutschen vor dem französischen VERDUN, gegen die starke Verteidigungsarmee Frankreichs.
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Der deutsche Kaiser war in Waffenbrüderschaft mit der Habsburger Donaumonarchie, die deutsche Generalität war von absurder Hoffärtigkeit. Hohenzollernkaiser WILHELM ZWO folgte dem Verdun-Weißbluter, General Erich von Falkenhayn und dieser seinen eigenen militaristischen Vorurteilen und diesem Kaiser. Falkenhayns Kampffloskeln hießen „Ausbluter“, „Stellungskrieg“, „Belagerungskrieg“. Es gab zunächst noch ein Schlachtfeld der traditionellen Schlachtenordnung, ab von der zivilen Welt und des Totalitarismus.
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Aber die Militärs kannten 1914 bereits die neuen Waffentechniken. Sie hatten Luftschiffe und erste Flugzeuge, sie hatten erste U-Boote, sie hatten bald Tanks und gepanzerte Fahrzeuge, sie hatten furchtbare Chemie und absurdes Gas, sie hatten erste Gasmasken. Auf wilhelminische Papp-Helme folgten bald überall die Stahlhelme.
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Schon 1914 war Erich von Falkenhayn klar, dass der Krieg für das Kaiserreich nicht mehr zu gewinnen war. Seine Forderung nach einer politischen Lösung stieß auf taube Ohren. Ganz in preußischer Soldatentradition erzogen, fügte er sich und ersann neue Strategien, die allerdings für Hunderttausende den Tod bringen sollten. Falkenhayns Verdienste? – betreten blickt man heute weit in den Hintergrund.
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Verdun selbst, der Name dieser Festungsstadt in Lothringen gilt bis heute als Symbol des sinnlosen und schrecklichen Stellungskriegs, in dem von 1914 bis 1918 Millionen von Soldaten ihr Leben ließen. Vor genau 100 Jahren hat diese Tragödie begonnen – VERDUN wurde von den deutschen Angreifern nie erreicht.
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Egal, welche Angriffe und Eroberungen stattfanden, bald fehlte der Nachschub, bald verdursteten die Opfer. Es gab Abwehrfeuer und sogenannte I-Werke, kleine Infanterie-Bunker, von denen aus die Franzosen mit Maschinengewehren deutsche Landser wegmähten.
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Meldeläufer zwischen den ungedeckten Stellungen. Ratten zwischen den ungeräumten Leichenbergen in den Schützengräben. Vergiftetes Wasser in Schützengräben wurde von den Verdurstenden getrunken. Ratten lebten fett.
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Karl Kraus schrieb: Die letzten Tage der Menschheit BUMMSTI!! rief der Kaiser im KINO
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Infernalische Granatsplitter der Dauerartillerie im Schlammwasser. Ernst Jünger berichtet in „STAHLGEWITTERN“ – Aldolf Hitler, gefreiter Meldegänger in der bald darauf beginnenden Sommesschlacht gegen die britischen Kräfte, bezeugt die Einsatzbereitschaft der Truppen und von den zersetzenden Entwicklungen im Hintergrund: Nicht nur, dass Rumänien an der Ostfront eintrat, dass Kasier Wilhelm ZWO Falkenhayn entließ und stattdessen den Helden von Tannenberg, General von Hindeburgsowie Erich Ludendorff in die Verdun-Mühle schickte.
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Es war Überzeugung der militärischen und politischen Führung, dass man „Ausbluten“ des Feindes vor Verdun wollte. Um den Preis der eigenen Blutverluste ist eine solche Schlächterei hirnrissig. Ein Belagerungskrieg in dieser nicht kriegsentscheidenden Grenzlage vor Verdun sind absurde Menschenopfer – wie hoch war die Quote der Desertionen?
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ZUGINSFELD – das expressionistische Räsonnement des Berliner Maler-Dichters und Weltkrieg-Infanteristen Otto Nebel legt über 180 Seiten seiner WORTKASKADEN offen, wie DUMM und BLIND eine solche Kriegsorganisation gar nicht SINN erzeugen kann. Und OPFER sind die Blutenden.
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Dietmar Moews meint: Alles was organisierbar ist, bedarf auch der Organisation. Notwendig sind Organisatoren, die wissen, wie und was zu organisieren ist, damit Organisationsziele verwirklicht werden können.
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Kaiser Wilhelm ZWO und seine deutsche Generalität waren aus heutiger Sicht, vor Kriegseintritt nicht im Bilde, wie es um die Prädispositionen der Wiener Habsburger Donaumonarchie stand. Welche sozialpsychologischen Bedingungen mit Kriegsbeginn zwischen dem deutschen Österreich und den slawischen Traditionen, den Tiroler und italienischen Feindschaften gewachsen waren, die Wehen des Deutsch-Französischen Krieges, der weltpolitischen Dünkel der britischen Weltmacht, der russischen Ambitionen mit Blick nach Westen, der türkisch-osmanischen Kriegslagen gegen Russland, gegen Kurden, gegen Armenier und so fort:
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Ich behaupte, das Fehlen der Revolution im Absolutismus durch Aufklärung im 18. Jahrhundert und die Restauration des deutschen Adels im 19. Jahrhundert durch den Wiener Kongress, haben einen deutschkaiserlichen Frühkapitalismus hervorkommen lassen. Zwar erfolgte auf die Geschicklichkeit Bismarcks (Adel) die Vereinheitlichung des Deutschen Reiches. Doch die absurde geistige Führung bald aber – nicht nur Bismarck rausschmiss, sondern ohne sich der schwachen Solidargemeinschaft der deutschen Reichsbürger füreinander und miteinander bewusst zu sein, einen Krieg der Überlegenheit und Stärke leisten zu können meinte.
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Es kämpften die deutschen Soldaten des Kaisers, aber dahinter stand keine Volksgemeinschaft. Und warum man dieses VERDUN-SELBSTMORDEN sinnvoll finden sollte, wusste bald auch niemand. WORUM ging dieser deutsch-österreichisch-habsburgisch-hohenzollerne Waffengang, wenn nicht auf die Revolutionen der Staaten, die die Revolution nicht hatten.
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Streik und Generalstreik an der „Heimatfront“ im Rücken der Fronttruppen – das war nicht auf dem Plan der deutschen Kriegsführer.
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Man musste nicht Millionen Pferde und Soldaten verbluten, verfaulen und vergasen lassen, um den hohenzoller Kaiser wegzuschicken, den Zar zu ermorden oder den Habsburger zu belächeln.
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ZUGINSFELD:
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Das Gedicht zur Ächtung des Krieges, ZUGINSFELD, das Otto Nebel, der Maler, Dichter, Schauspieler und Baugewerker, geboren 1892 in Berlin, gestorben in Bern, in englischer Kriegsgefangenschaft im Jahr 1918, als expressionistisches Stakkato über 166 Seiten, über 6000 Zeilen vortreibt, in 28 Abschnitten, herausgebracht hat, ist für jeden Freund der deutschen Sprache kennens- und erinnernswert. Der Herausgeber Rene´ Radrizzani verweist wegen der „sprachlichen Textur“ auf Anklänge an Karl Kraus und an August Stramm. Wir bemerken, dass es auch von dem Hannoveraner Gerrit Engelke verwandte Kriegsdichtung gibt, die man dem ZUGINSFELD untermischen könnte, was stilistisch dem Laien nicht auffallen würde.
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Die Grauen des Krieges, jedenfalls, sind unermesslich – daher Abscheu zur Kunstquelle zu machen, ist billig. Insbesondere seit die Moderne der Marxisten die Sprache zur Lüge gemacht hat und die Moderne des Kapitalismus die Wahrheit zur Lüge, ist es nicht einfach schon Kunst, die Worte und Taten für sich sprechen zu lassen. Sondern insbesondere die Kunstbefähigten und Kunstwilligen, können sich – hier als Besucher von ZUGINSFELD durch gemeinsames Lesen und Schauen, in
http://www.neuesinnlichkeit.com
http://www.freie-universitaet-dresden.com
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in einen moralischen Gemeinsinn einfühlen und – müssen darüber miteinander sprechen.
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Der Maler-Dichter Otto Nebel starb 1973 in Bern, wo er nach den Kriegen gelandet war – Moews lebte 1973 in Hannover und malt Nebels Gedicht ZUGINSFELD sein leben lang, in München, Leipzig, Magdeburg, Dresden, Springe, Berlin, ab 2012 in Köln. Das wird hier erneut aufgerufen.
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Es ist ein Farbenatlas. Im Februar 2008 stellt das Goethe-Institut in Dresden und Weimar die nach Otto Nebels Gedicht gemalten Bilder ZUGINSFELD aus. Die gutlesbaren expressiven Phrasen, Wehrkraft im Geiste, Gemeinheit im All, Kaiser Wilhelm, Hilfe! Kaffeeklatsch, Gemeinheit im All werden im weltweiten Kulturinstitut des Bundesaußenministeriums, im Namen Goethes, beim Lernen und Diskutieren des Deutschen aufgegriffen werden:
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Montagestil, Darstellungsstil, Einzelteile, die in Beziehungen sich neu beleuchten. KRIEG KRIEG KRIEG, Wortwitz von Kaffernschlacht zu Kaffeeklatsch. Wirbelwortketten, Klang- und Sinn-Bezüge, Wortblitz von Herkunft und Bestimmung als kunstvolles Urwort, entwickelt der deutsche Maler Moews in über 50 Gemälden in ein Pathos der Widerstandsblicke im Höllenbarock – Stahlhelme – neu!
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ZUGINSFELD: DER GEMEINE
Wehrkraft im Geiste
Wer
Der Mann
Pflicht gibt ihm Zwang und nimmt ihm Kraft
Zwang gibt ihm Waffen und nimmt ihm Wehr
Nimmt er das Gewehr über
Übernimmt
Und
Untergibt es ihn
Untergebener
Überlieferter
Der Mann ist geliefert
Vorgesetzter
Zurückgesetzter
So wird der Mann versetzt
Verstellt
Verrückt
Stehen Sie still, Sie!
Rührt Euch
Kopf hoch
Finger lang
Langfinger
Brust raus
Linkes Ohr tiefer
Kinn an de Binde
Augen rechts
Beine raus
Kopf ab
Es ist rührend
Keiner rührt sich
Dieser Stillstand
Wird der Mann gerührt
Brei ist rührig
Der Mann wird gedient
Gedienter Mann wird Bediener
Bedienter Narr ist Herr
Es ist verkehrt
Ganze Abteilung kehrt
Ganz verdreht
Maulhalten
Unterordnen
Ordnung muß sein
Es geht außerordentlich schneller
Geöffnete Ordnung
Geschlossene Unordnung
Unordentliche ordentlich hochnehmen
Ist alles in Ordnung
In Keinem ist sie
Im Kerne nie
Im Keime kaum
Von Untergebenen wird sie verlangt
Gelungen
Hinlegen!
Setzen!
Auf!
Knieen!
Über den Zaun
Auf die Bäume!
Unter die Räder!
Über
Und
Unter Wasser marschmarsch
Um auf die Bäume zu klettern
Um an den Wänden hochzugehn
Es ist ER
Der wahre Staat
Made in Germany
Muster ohne Wert
Gesetzlich geschützt
Schützt er den Mann
Er schützt ihn vor
Finster ist er
Kerkerfenster hat er
Schwedische Gardinen
Keine Luft bekommt er
Stinkkaverne
Stunkkaserne
Kasematte
Kantschukeller
Schilderhaus vor Katakomben
Bombastburg an Schinderschuppen
Zuchthaus hinter Baßtrompeten
Zeughaus
Tollhaus
Dummes Zeug
So verdummt ein Land
So verdummt ein Volk
Wehrmann ist kein Schutz
Schutzmann ist kein Mann
Vordermann ein Hinterhalt
Hintermann kein Unterhalt
Untermensch kein Mensch
Kein Halt
So verkommt ein Volk im Staat
So verkommt im Nichts die Saat
Gehen die Völker vor die Hunde
Und vergehen
Gehen Hunde vor den Völkern
Höllenhunde
Und Vergehen
Und Verbrechen
Brechen Völker in die Kniee
Und verröcheln unter Rädern
Unter Protzen
Ungeschützte
Unter Mordgeschützen
Vorgehetzte
Reiten Schemen vor den Wesen
Flieg die Urkraft hoch
Verpufft
Zu Was
Zu Wasser
Zugrunde
Wer steigt dem Staat auf das Dach
Ach
Zwang entmannt
Entmannter Mann ist gemeint
Der Gemeine
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Ausstellungen:
1981 Kunstmarkt Hannover Sophienstrasse Künstlerhaus
1997 Georgenkirche Halle Kirchentag Leipzig
2003 Odeonsplatz München
2014 Mainzer Straße 28 Köln Südstadt