Lichtgeschwindigkeit 4479
am 2. Juni 2014
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In den letzten Tagen wurde im Zusammenhang mit den Konsequenzen aus den Ergebnissen der achtundzwanzig EU-Parlamentswahlen vergangenes Wochenende ein Wort strapaziert: INTEGRATIONISMUS
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Darauf bezogen wird von INTEGRATIONISTEN gesprochen. Wobei dann diejenigen, die nicht diesen „Integrationisten“ zugehören wollen, eben als Nichtintegrationisten hingestellt werden.
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Zunächst ist auf die Bedeutung des Begriffes Integration im allgemeinen Sprachgebrauch und in der wörtlichen Bedeutung zu erkennen. Dabei kommt man nicht an der Hauptbedeutung des Widerspruchspaares Integration / Desintegration vorbei. Danach wäre Integration (die, von lat. integrare, ‚wiederherstellen‘) bezeichnet den Zusammenschluss zu Einheiten bzw. die Bildung übergeordneter Ganzheiten. Es gibt aber auch in Soziologie und in der IT speziellere Benutzungen von Integration.
Hier in der EU-Politik handelt es sich also um die Bedeutung im Sozialen, z. B. einer Wertgemeinsamkeit mit einem Einbezug von Gruppierungen, die andere Werthaltungen vertreten, oder einer Lebens- und Arbeitsgemeinschaft mit einem Einbezug von Menschen, die aus den verschiedensten Gründen ausgeschlossen sind (Inklusion / Exklusion) – die Frage, wer integriert wen?
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Demnach ist Integration ein Prozess von materiellen und immateriellen Tatsachverhalten und Vorstellungen, aus einem vorhandenen Zustand hin in einen Zustand des Zusammenspiels der Teile. Übertrieben zugespitzt bestünde dieser Integrationsprozess darin aus Unordnung Ordnung zu machen, aus schlechterer Ordnung eine bessere Ordnung zu machen. Dabei wird sofort klar, diese Bewertung eines Prozesses hin in einen anderen Zustand, ist immer dann Integration, wenn eine Ganzheitsvorstellung vorgesetzt wurde. Ebenso kann ein und derselbe Integrationsprozess als Desintegration beurteilt werden. Ein Beispiel: Fußballweltmeisterschaft:
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Die Integration der FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien sieht aus Sicht Brasiliens anders aus als aus Sicht des Veranstalters FIFA. Brasilien als Staat wünscht sich alle Vorteile, die so ein weltweit beachtetes Sportgeschäft bringen kann und möglichst keine Nachteile.
Die FIFA sieht die Integration dieser FIFA-Weltmeisterschaft unter dem Aspekt der Verwirklichung der Ziele der FIFA. Die bestehen darin, dass die FIFA möglichst alle Vertragsverpflichtungen einlösen kann, die für die FIFA möglichst viel Geld bringen soll.
Nun wieder anders, aus Sicht der Rechtswelt und den Regeln des Völkerbundes, sollte die FIFA-Fußballweltmeisterschaft keinesfalls bedeutende Regelverstöße gegen die Menschenrechte hervorbringen. Intergration würde hier bedeuten, das nicht gegen die Sportstatuten, gegen das internationale Friedensgebot, gegen die Regeln des Fair Plays verstoßen wird. Dass es keinesfalls Bestechung, Absprachen und Sport- und Wettkampfbetrug geben wird. Dass schließlich im Ergebnis des Turniers, die Mannschaft zum Weltmeister wird, die nach den von allen anerkannten Regeln gewinnt.
Wenn also Deutschland Weltmeister werden könnte, wäre das die optimale Integration dieses Projekts aus Sicht des DFB.
Wenn gleichzeitig FIFA-Absprachen mit Millionenbestechungsgeldern nicht süortlich nicht eintreten, weil die bestichenen Schiedsrichter zwar zahlreiche ungerechte Elfmeter vergaben, aber die Elfmeterschützen alle Dinger in die Wolken schossen, dann wäre das aus Sicht der FIFA eine misslungene Intergration des Zielsystems „Absprache mit Bestechungsgeld“.
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So ist es mit der EU-Integration. Aus Sicht der Habermas-Integrationisten, die sich auch selbst als Integrationisten bezeichnen, sind alle EU-vertragstreuen Mitgliedsstaaten Desintegrationisten. Diese „Integrationisten“ wollen organisatorisch eine Ober-EU installieren, die von Strasbourg und Brüssel auch kompetent politisch geführt werden soll. Sie bezeichnen deshalb alle, die sich nach den geltenden Gesetzen richten als Nichtintegrationisten.
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Doch ist es offenbar, dass die Integrationsisten-Vorstellung, wie sie momentan von Juncker und Schulz, wie in einer Großen Koalition angestrebt wird, Aufgaben und Kompetenzrecht von den 28 Nationalstaaten weg, hin zur EU, ist aus Sicht und Interessenabwägung der 28 EU-Staaten Desintegration der sozio-politischen Szenerie der nationalen EU-Staatsbürger. Integration der zentralen EU ist Desintegration von Ungarn oder von Großbritannien oder von Deutschland.
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Die Inanspruchnahme für den Begriff Integration (als gute Große Koalition) und Anti-Integration für die Integrationisten der selbstverantwortlichen Nationalkompetenzen, nämlich mit ihren Bürgern zu gehen (als böse EU-Gegner) ist folglich sprachherrschaftliche Gewalt. Es reißen Leute ihre Vorstellung ihre Wunschvorstellung als „Integrationsdefinition an sich“, während sie die Zentrifugalkräfte nationaler Eingeständigkeiten aller 28 Mitgliedsstaaten durch Anmaßung zersetzen. Um es klar zu sagen: Schirrmacher und Nils Minkmar, die kürzlich in der FAZ diesen Definitions-Kurzgriff in der Vergewaltigung des Wortes Integration benutzten, sidn billige Propagandisten.
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Dietmar Moews meint: Aus soziologischer Sicht kann man eine Desintegration des sozialen sozio-geistigen Zusammenhangs einer Schicksalsgemeinschaft, wie es die Staatsbürger eines Staates nun mal sind und die dafür gemeinschaftlich haften müssen, nicht als Integration bezeichnen. Wer heute der EU politische Handlungsmacht geben will, die nicht im EU-Vertrag von Lissabon festgelegt ist, ist ein Desintegrationist.
Er hätte seine Veränderungswünsche in den demokratisch-öffentlichen Fortschrittsprozess einzubringen und dafür für mehrheitliche Zustimmung zu werben: Das wäre Integration.
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Schließlich hat, wer aus Invaliditätsgründen von Krankheit oder Alter oder Schwachsinn die geistige Integration von Urteilsbedingungen und Urteilskraft nicht hat, schwerlich das Thema Integration überhaupt diskutieren.
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Man könnte einfach sagen, Desintegration ist keine Integration.