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Lichtgeschwindigkeit 10529
am Sonnabend, den 18. Februar 2023
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Neue Sinnlichkeit 82 Blätter für Intelligenz im Einsatz von „Künstliche Intelligenz“
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Zum Geleit
Grüß Gott, liebe Abonnentin, lieber Abonnent, auch alle, die hier durch Zufall hinein-blättern und dann „a tergo“ – dem Witz des Umständlichen – das auch einfach ginge, schön beim Umblättern merken, dass Chinesisch, Persisch und Hebräisch ungewohnt, von rechts nach links geschrieben werden. So bin nach 40-seitiger Anbahnung wieder beim lesenswerten QUALITÄTSRÄTSEL angekommen: Frohes Erraten? Wer passt als Autor hierzu (S. 55)? – Blätter für die Alternative zur verirrten Kunstordnung.
Mein lebenslanger Lehrmeister Henry Kissinger legte inzwischen das neue Werk STAATSKUNST – Sechs Lektionen für das 21. Jahrhundert an. Da liest man:
„Sinnvolle politische Entscheidungen gehen selten auf eine einzelne Variante zurück; kluge Entscheidungen erfordern eine Mischung aus politischen, ökonomischen, geografischen, technischen und psychologischen Erkenntnissen, alle geprägt von einem historischen Instinkt. Isaiah Berlin beschrieb gegen ende des 20. Jahrhunderts die Unmöglichkeit, naturwissenschaftliches Denken jenseits der Naturwissenschaft anzuwenden … was einen Menschen jedoch dumm oder weise, blind oder klug macht – statt kenntnisreich, gebildet oder wohlinformiert -, das ist die Fähigkeit, dieses einzig-artige Gepräge einer ganz bestimmten, konkreten Situation mit ihren spezifischen Unterschieden wahrzunehmen – das, worin sie sich von allen anderen Situationen unterscheiden, also jene Aspekte, die sich einer wissenschaftlichen Behandlung entziehen …“. Hierzu SPRINGER GOEBEL SIEBEN: Die SPREU ignoriert die Quellen.
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Inhalt
Umschlag: SOUND TRACK_COLOGNE-Plakat Makulatur 1
Zum Geleit 2
INHALT 3
ERFOLGSKINDER 4
DIETMAR MOEWS: Preußen als kleindeutscher Nationalismus – Vormärz als demokratische Aufklärung
zur Frankfurter Paulskirche 1848 24
LAYOS DAYATOS: YAYOI KUSAMA und Dekoration mit Lüperz Dienstklasse 29
DIETMAR MOEWS: LEUTE. WOLLEN LEBEN 31
LAYOS DAYATOS: SPRINGER GOEBEL SIEBEN: Die SPREU und OFFENER BRIEF an SPD-Ministerpräsident Stefan Weil
>Goebel Springer 2020 Rechtsstaat und Lauterkeit< 36
LAYOS DAYATOS: Leibniz anstatt Humboldts Berlin-Mief 38
BOTHO STRAUSS: Zu einer Reform der Intelligenz 41
HANS MAGNUS ENZENSBERGER: Avantgarde – aufgepasst! 44
ABONNEMENT NEUE SINNLICHKEIT AUF LEBENSZEIT FÜR 500 EURO 45
LAYOS DAYATOS: Hohenzollern NAZI-PREUSSEN von Berlin 46
IMPRESSUM: 46
LAYOS DAYATOS: Serienfans 47
DIETMAR MOEWS: Mohrenkopf von Albrecht Dürer 48
ADOLPH FREIHERR KNIGGE: ÜBER EIGENNUTZ UND UNDANK 1796 Knigge setzt Kants kategorischen Imperativ in
allgemeinverständliche Klarheit: Fortsetzung XXVIII 49
DIETMAR MOEWS: Die Kinderseiten der Epoche: Volkssouveränität 51
Auflösung Qualitätsrätsel 81: Udo Lindenberg
QUALITÄTSRÄTSEL 82: Wer hats geschrieben? 53
Fehlerkorrekturen für Neue Sinnlichkeit 81 56
DIETMAR MOEWS: Lexikon des Kunstwesens: PATRICE LUMUMBA 58
PATRICE LUMUMBA: Portrait: Die Linie von Dietmar Moews 59
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Impressum
Neue Sinnlichkeit Blätter für Kunst und Kultur seit 1979 erscheinen in loser Folge im
Pandora-Kunst-Verlag, Springe, Hannover, München, Leipzig, Magdeburg, Dresden, Berlin, Köln
E-Mail dietmarmoews@gmx.de Verlagsanschrift und Abonnement auf Lebenszeit bei
Dr. Dietmar Moews Mainzer Straße 28, D-50678 Köln ISSN 1432-5268
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Preußen als kleindeutscher Nationalismus – Vormärz als demokratische Aufklärung zur Frankfurter Paulskirche 1848
von Dietmar Moews
Mit der Neue Sinnlichkeit 81, Untertitel „Blätter für Leibniz anstatt Humboldts Hohenzollern-Mief“ wurde zum Jahresende 2022 von der Bundeskultur-Staatssekretärin im Bundeskanzleramt, die Grüne Claudia Roth, eine Diskussion zur Fraglichkeit der deutschen Haupt-Kulturstiftung der Bundesrepublik Deutschland, antizipiert. Mit dem aus Vorzeiten hergeleiteten Namen der 1957 gegründeten „Stiftung Preußischer Kulturbesitz“ (SPK), setzte Berlin des klein-deutschen Hohenzollern-Kriegsstaates Preußen, nach dem restaurativen Wiener Kongress, gegen den Vormärz und gegen das erste freigewählte demokratische deutsche Parlament der Frankfurter Paulskirche 1848, Berlin zur propagandistischen Kampfzone über die anderen deutschen Lande durch. Ob Sachsen, Bayern, Hessen, Franken, Baden, Württemberg, Schlesien hat Preußen den Modus „Feindschaft gegen Frankreich“ und „Protestantismus gegen Habsburger Katholizismus“ – schließlich, mit dem Krieg 1871, durchgesetzt.
Mit dem Sachsen Leibniz, der in Diensten der Welfen in Hannover sein täglich Brot erwarb, thematisiere ich ein vergessen gemachtes weltbedeutendes deutsches Genie. Wer die Bedeutung des Gottfried Wilhelm Leibniz begreift, kann gar nicht auf die absurde Idee kommen, ein leeres Gebrüder-Humboldt-Forum ins Berliner Camouflage-Schloss herbeizuorganisieren. Hier schneidet Claudia Roth eine Neubestimmung oder eine Umbenennung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz an.
Leibniz, ragt als Initiator und deutscher Promotor EUROPAS, vielseitiger Forscher, Korrespondent und Bereiser, für Wissenschaften unvergleichlich heraus. Leibniz betrieb die erste Universität in Berlin mit Blick auf die erstrangigen französische und britische Akademien, von Wien bis Berlin, von Paris bis London. Die anmaßenden Berliner, mit dem peinlichen Schloss und dem an ausfallenden Haaren herbeigezogenes Berliner Humboldt-Forum haben Leibniz quasi als unbekannt ausgelöscht.
Hauptgeschichtsmacher zur völligen Fehlbesetzung mit dem Berlin-Hohenzollern-Humboldt war der damalige Wende-CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl. Kohl und seine Ingroup fielen nach dem DDR-Beitritt in eine Verirrung. Man redete herbei: Nach der ersten freien Wahl der ehemaligen sowjetischen „Ostzone“, genannt SBZ / DDR, am 3. Oktober 1990, folgte auf den Beitrittsbeschluss von 1990 ein deutscher Hauptstadtwechsel. Statt das bescheidene Bonn des Grundgesetzes am Rhein nun im Beitrittsdeutschland zu halten, wurde im Jahr 1991 eine Kampfabstimmung als „Hauptstadtbeschluss“ im Bundestag – zwischen Frankfurt am Main und dem neu zusammengeschlossenen Ganzberlin durchgeführt. Eklatant fehlte der Sinn von Wolfgang Koeppen („Das Treibhaus“) für Bonn. Damit wurde „Berlin Hauptstadt der DDR“ gegen „Westberlin die Alliiertenbesatzungsstadt“ in Alternativwahl zur nunmehrigen deutschen Hauptstadt Berlin gemacht. Berlin, so freue dich, das Haufendorf, vormalige Regierungsstadt des Hohenzollern-Kaiserreichs, der Weimarer Republik, dann 1933 bis 1945 Hitler-Deutschlands und nach 1945 des Stalin-Sateliten DDR, wurde mit knapper Mehrheit neue Hauptstadt Beitritt-Deutschlands. Und Kohl, der Historiker als Regierungschef, ließ die Bronze von Käthe Kollwitz in der Neuen Wache (DDR-Nachkriegsrekonstruktion nach Schinkel), am Dom in Berlin-Mitte, als zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft aufblasen und einweihen, was für Kritik sorgte: die Bronzeskulptur von Käthe Kollwitz, aufgeblasen, wie ein Rodin-Briefbeschwerer. Schmerzliche Angeberei trieb Kohl, indem er sich als „Enkel Adenauers“ stempelte, während seine Bildungsschwächen an allen Stil- und Geschmacksfragen immer wieder deutlich wurden, nicht Kunst, nicht Literatur oder Musik, ob seine plumpen Lügen, seine elefantischen Bewegungen als „schwarzer Riese“ resp. „Birne“, sein Neubau des Bundeskanzleramtes im Spreebogen (Waschmaschine) am Reichstag oder Kohls Aussage, er habe seiner Umweltministerin Angela Merkel beim Moskaubesuch „Essen mit Messer und Gabel“ beibringen müssen (Heribert Schwan 2014 in „Die Kohl-Protokolle“) – inferior, wo man hinschaut.
Mein Anliegen gegen Berlin lässt sich wie folgt umreißen. Ich selbst bin nach Anerkennung meines von mir höchst geschätzten Vaters ein Bastard – Mischung mütterlichseits vom Deister, väterlich aus Berlin und Pommern (preußisch, nicht schwedisch), also Hinterpommern. Ballinerische gehören von Kindheit zu mir – ging schon 1959 zu Fuß durchs unvermauerte Brandenburger Tor. Seit den 1970er Jahren waren Nichtberliner Künstler in Berlin meine ständigen Anknüpfungen; von 2008 bis 2012 lebte und arbeitete ich in Alt-Pankow und stellte als Autor und Produzent täglich ein Youtube-Video in Lichtgeschwindigkeit über alle sehenswerten Orte Berlins her. Nahe Niederschönhausen, wo mein Vater 1924 geboren worden war, lebte und arbeitete ich in der Schönholzer Straße Altpankow. Zum Glück gab es auch dort liebe begabte Leute. Nachhaltig geschockt von der humorlosen Schroffheit der heutigen Berliner, lehne ich die Traditionslinie Preußen-Hitler-Stalin, die die Hauptstadt Berlin nun mal symbolisiert, ab. Die geografischen deutschen Lande als Herz Europas ansprechen und dann Berlin als Herz Deutschlands ist eine völlige Verirrung. Ich lehne auch die Berlin-Rolle als Hauptstadt des immerfort elendlichen Kriegs-Sozial-Treibens der Hohenzollern aus Württemberg als „Preußen“ im Märkischen ab. Ich lehne die Vorurteile ab, dass man aus deutschsprachigen Germanen-Ländern eine Protestantische Anti-Katholizismus-Zange hinstellt. Der Dreissigjährige Krieg war längst überholt. Die gegebene geografische Mittellage ließ sich schon 1618 nicht als Gegenreformation oder Christen-Machtkampf erfassen. Ich lehne Berlin auch deshalb ab, weil das Haufendorf, das heute Berlin heißt, weder das königliche Potsdam war, sondern ein Bettel, dem all die herbei- und bald weggelaufenen Humboldts, Johann Gottlieb Fichte, Rahel Levin Varnhagen von Ense, Ludwig Tieck, Ernst Moritz Arndt, August Wilhelm und Friedrich Schlegel, Hardenberg, Clausewitz, Gentz, Savigny, Freiherr vom Stein, Architekt Schinkel, Zeichner Chodowiecki, der Schlesier Eichendorff, Madame de Stael, Schiller, Hegel, Novalis, letztlich wegen der Hohenzollernherrschaft wegliefen. Heinrich von Kleist nahm seinen preußischen Weg – nur der zugewanderte E. T. A. Hoffmann und der Brutalist Turnvater Jahn wurden Wahlberliner. Man muss es historisch-empirisch notieren: Berlin war mit Friedrich dem Großen endlich abgehalftert, rückständig, weit hinter der Aufklärung der USA und Frankreichs mit den Revolutionswerten, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, verfasst. Erst mit dem Vormärz, quasi ab 1840, und dann mit der Paulskirche 1848 schlichen deutsche Lande in modernere gesellschaftlich-staatliche Wertsetzungen. Nicht so Preußens kleindeutscher Nationalismus. Z. B. Baden war schon viel moderner und demokratischer. Und statt Presse- und Meinungsfreiheit und „demokratische Wahlzeremonien“ ließen Preußen und später Bismarck deutsche Journalisten und Autoren noch bis Paris und Brüssel verfolgen. Der restaurative reaktionäre Junker-Block vom preußischen Landadel im Militär, dazu der junge Frühkapitalismus, hatten noch bei den späteren Hohenzollern Königen eine solche geistige Minderwertigkeit, dass z. B. Friedrich Nietzsche nach Basel emigrierte, Autor Ludwig Börne nach Frankreich floh, Heinrich Heine mit seinem Gedicht „Deutschland ein Wintermärchen“ lange vorher den Zaunpfahl der Rückständigkeit eingeschlagen hatte und in Paris residierte. Tacitus „Vom Germanischen“ kann dem preußischen Nationalismus nicht mehr als die deutschen Regionalmundarten und seßhafte Waldmenschen reklamieren. Was 1848 die Burschenschaften, als die zukünftigen schwarz-rot-goldenen Lützower Jäger (keine Preußen), schon beim Wartburgfest 1817 und dann bei der Revolution 48 sozio-geistig auslösten, blieb noch Jahrzehnte von den Hohenzollern gebeugte Untertanen-Preußischkeit. Nicht zuletzt griff der Sohn des nach Holland emigrierten Kaiser Wilhelm II. noch Ende der Weimarer Republik für die NSDAP ein und kämpfte für Hitlers Machtergreifung. Die Berliner Hohenzollern-Familie des üblen Kriegs-Preußen prozessiert heute um ehemalige Kapitalien, Geld, Grundstücke und Güter, die sie einst den Deutschen gestohlen hatten: die preußische Familie klagt gerichtlich gegen deutsche Hoheitsträger.
Will das heutige Deutschland nicht endlich mal ein Selbstverständnis zum Ausdruck bringen, das Freiheit, Solidarität und Fairness organisiert? Man soll nicht so tun, als seien die Deutschen „das christliche Abendland“. Es genügt die heutige verfassungsmäßige Trennung von Staat und Kirche längst nicht. Es ist eine Irreführung und Falschmaskierung des deutschen Wesens, wenn man so tut, als seien Kirchen in Deutschland wie Islamismus der Mohammedaner oder indischer Hinduismus oder russische Heiden (die jetzt auf christlich-orthodox machen) oder die pagane Volksrepublik China, eine Entsprechung zu den europäischen Paganen. Man sollte auch afrikanische Religiösitäten nicht mit Allah oder Jesus überfrachten. Deren hauptsächlich folkloristische Abergläubigkeiten – zwischen Kontemplation, Inhalation, Voodoo, Meditation und Oration – tradieren die gemeinschaftlichen Einbindungen des subtropischen Schwarzafrika. Da ist nicht entscheidend, ob Gott, Allah, Jahwe, Vitzlipuzli oder Buddha die Sündenböcke im Fatalismus symbolisieren. Was wollte also der Nachfolger Friedrich des Großen, der Immanuel Kant an der Universität in Königsberg verbot, die kantschen Aufklärungsgedanken zu lehren, während die gottgläubige Königin die Zensur erzwang? Kant korrespondierte darauf mit Berufskatholiken in bayerischen Klöstern. Und Katholik Voltaire verließ seinen Hohenzollern-Privatschüler Friedrich II. von Sansoussi nach Genf. Er kam nie wieder. Bach, Händel und später Beethoven, Mozart, Schubert, und Wagner, Offenbach und die Schumanns, der Lyriker Wilhelm Müller: bis auf den Berliner in Leipzig, Mendelssohn-Barholdy, waren sie deutschsprachig, mehr in England als in Preußen. Helmut Kohl, der keineswegs unsensibel war, setzte sein deutsches Fingerspitzengefühl zu Machtzwecken ein, die er dann gegen den noch „genialeren“ Gerhard Schröder verlustig ging – mangels Bildung und Stil preußisch. Gelinde gesagt: Nur von dieser minderen Stil-Höhe her konnte Angela Merkel mit ihrer protestantischen Fühlung die vulgärmaterialistischen Ost-West-Eselsbrücken darstellen. Das ließ die SED-Deutschen leicht werden, sich selbst im Unterschied zu den Westdeutschen als kultiviert und gebildet zu befinden. Nur so ist nachzuvollziehen, dass Holzklötze Berlin wundervoll finden (vgl. de Stael). Ich kann nur hoffen, dass, nachdem alle Reisen nach Nordkap, Antalya, Pyramiden, Ephesus, Carcassonne Sonnentempler, San Marino, Spitzbergen, Nürburgring, abgehakt worden sind, mal in Leipzig oder Dresden die Kinder-Chöre oder in Magdeburg Telemann wahrgenommen würden. Wieso sollen denn Magdeburg, die europäische Hauptstadt unter Otto dem Großen, oder Halle, preußisch sein wollen? War Albrecht Dürer nicht Franke in Italien? War nicht Holbein Augsburger in London, war nicht Cranach Oberfranke und Kursachse? Die Avus-Nordkurve ist geschliffen worden. Bei Union Berlin spielen keine Berliner. Die Absperrung des Pariser Platzes und des Brandenburger Tores, Sylvester 2022/23, zu kommerziellen Zwecken für eine allgemeine Sylvester-Nacht – stelle man sich vor: Champs Elysées mit Eintrittskarten, Themse-Ufer mit Kartenkontrolleuren für die Steuerzahler. Ja, wo sind wir denn? Otto Waalkes ist nicht Loriot, Robert Gernhardt ist nicht Enzensberger, Matthias Sammer ist Dresdner, Ulf Kirsten oder Michael Ballack mehr aus Zwickau, Ludwig Güttler und Peter Schreier sind Dresdner, der Dirigent Christian Thielemann wurde in Berlin-Wilmersdorf geboren, Eltern aus Pommern und Leipzig, Assistent bei Karajans Berliner Philharmonikern, dann Düsseldorf, jetzt Dresden – und Preußen?
Fährt man zum König Barbarossa kommt man am Rundbild vom DDR-Maler Tübke (1929-2004) vorbei, der am Fuße des Kyffhäusers bei Bad Frankenhausen das DDR-“Bauernkriegs-Panorama“ aus dem deutsche Mittelalter in einer endlosen kriegerischen Massenszenerie mit etwa 3000 Figuren, von 1976 bis 1987, gezeichnet und koloriert hat. Da ist Thomas Müntzer, etwa 100 Jahre vor dem 30-jährigen Krieg, als die Langen Kerls vom alten Fritz aus Preußen noch gar nicht angedacht waren. Aus Sicht der DDR-Kunstorganisation sah man die Buntschuhe als Fortschritt zum Arbeiter- und Bauernparadies an. Anders ist es mit dem Staatsauftrag für den Westmaler der Neuen Prächtigkeit, Johannes Grützke (1937-2017), der ein 3 Meter mal 30 Meter Rundbild mit Leuten malen durfte, die für die Revolution und die schwarz-rot-goldene Demokratie und das freigewählte deutsche Parlament das Erdgeschoss der Frankfurter Paulskirche (am Main) gefühlsmäßig überfüllt. Johannes Grützke in Karlshorst geboren, in Moabit aufgewachsen, war Meisterschüler bei meinem Meister Peter Janssen, dem Düsseldorfer Malereiprofessor am Steinplatz (heute Universität der Künste Berlin). Da haben wir jetzt mit Grützke wirklich einen hohenzollern-preußischen Berliner, der nicht das Kriegspreußen und die märkische Streusandbüchse darstellte, sondern im Paulskirchen-Rundbild seine eigene Berliner Fratze und die deutsche Demokratie von 1848. Grützke malte eine sozio-kulturelle Gegenbewegung zum Kriegspreußen. Tübkes DDR-Rundbild ist viel größer als das in der Paulskirche (Grützke soll sogar Franz Josef Strauss dargestellt haben). Strauße – egal wie – waren Wiener oder Münchner, keine Berliner Preußen, eher Wittelsbacher und Habsburger, nicht Hohenzollern.
Ich wollte nur vorführen, wie wenig überzeugend Traditionsbeschwörungen sind. Berlin als Hauptstadt und eine Deutschlandstiftung „Stiftung Preußischer Kulturbesitz“ behandeln die Lücken der materialistischen Weltbeschreibung mehr oder weniger mit Phantasien und Spekulationen – eigentlich nur als Platzhalter für geistige Leere zum Umgang mit Tieren in Berlin.
Meine Leibniz-Darstellung in Neue Sinnlichkeit 81 – Blätter für Leibniz anstatt Humboldts Hohenzollern-Mief – bringt mich kurz auf den Hohenzollern-Berater Voltaire. In seiner berühmten Erzählung „Candide“ stellt er Leibniz als vernagelten Blödmann hin. Voltaire fand Leibnizens Gott und die „beste aller möglichen Welten“ lachhaft: „Nach Leibniz’ Lehre wäre Gott nicht das vollkommene Wesen, wenn er etwas anderes als die „beste aller möglichen Welten“ für die Menschen erschaffen hätte. „Gott kann zwar alle möglichen Welten denken, aber doch nur die beste von ihnen wollen, denn mit seiner Vollkommenheit wäre es unverträglich, das weniger Vollkommene, oder wenn man will, das Böse zu tun. […] Er hat die beste aller Welten durch seine Weisheit erkannt, durch seine Güte erwählt und durch seine Macht verwirklicht.“ Voltaire vertrat den Welt-Erschaffungsgott – der nicht weiter eingreift. Leibniz’ verfasste die Theodizee auf Wunsch der Kurfürstin Sophie Charlotte von Brandenburg (der genialen Freundin Liselotte aus der Pfalz) als Umgänglichkeitszeichen. Wer Leibnizens Christlichkeit kennt, kann die Lehre vom guten Gott und der besten aller Welten als eine nicht vollends ernste Glaubensart vorstellen; Konfliktvermeidung des Untertans. Wieso will also der eben-falls gerissene Voltaire mit Candide und seinem Optimisten Pangloss zur großen Erdbeben-Naturkatastrophe in Lissabon und der Vorstellung, dass so viel Leid und Übel sich sicher nicht mit dem guten Gott und der besten aller Welten verträgt, das Genie Leibniz mobben? Ich mutmaße nicht, dass Voltaire Leibniz das Wasser zu reichen für einen gottgläubigen Irrläufer gehalten hat. Voltaire machte den Seitenhieb auf eine der wirkungsvollsten Ideen des 17ten und 18ten Jahrhunderts, eben die „die beste aller möglichen Welten“ von Leibniz. Voltaires würzte die „Candide-Erzählung“. Er fand unglaublich, bei allem Leid und Not des Lissaboner Erdbebens, einen guten Gott vorzustellen: „… als sie fühlten, das die Erde unter ihren Füßen zu beben beginnt. Brausend erhebt sich das Meer im Hafen und zertrümmert dort die vor Anker liegenden Schiffe. Flammen und Aschenwirbeln hüllen Straßen und Plätze ein, Häuser stürzen zusammen, Dächer fallen auf die Mauern, die Mauern zerbersten. Dreißigtausend Einwohner jeglichen Alters und Geschlechts werden unter den Trümmern begraben …“Der jüngste Tag ist gekommen“ ..“Wenn dieses die beste aller möglichen Welten ist, wie müssen dann erst die andern sein..“ …“Nun, mein teurer Pangloss“, sagte Candid, „als Sie gehängt, seziert, geprügelt wurden und dann auf der Galeere rudern mussten, haben Sie da immer noch geglaubt, alles in der Welt sei aufs beste eingerichtet? … außerdem kann Leibniz nicht unrecht haben und die prästabilierte Harmonie ist doch das Schönste, was es gibt ..“. Hätte nicht Voltaire sehen können, dass Leibniz’ beste aller Welten mit der selben Syllogistik auch die schlechteste aller möglichen Welten ist. Es war Leibniz’ rhetorische Nullnummer als hannoverscher Untertan.
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FINE E COMPATTO
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Empfehlungen oder Beziehungen von WordPress, die hier eingestellt werden auf dem Dietmar Moews‘ Blog eingeblendete „Recommended Posts“ oder sonstige „Pseudoempfehlungen“ werden von WordPress
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gegen das Einverständnis des Eigentümers Dr. Dietmar Moews
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hier gezeigt und sind keine Empfehlungen von Dr. Dietmar Moews. Nichts davon wird i.S.d.P. von Dr. Dietmar Moews verantwortet. Dietmar Moews klickt diese „recommendends“ nicht an und liest nichts davon.
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Ab jetzt werden alle Dietmar Moews‘ Blog-Beiträge mit dem SLOGAN
FINE E COMPATTO deutlich beendet.
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