Lichtgeschwindigkeit 5069
am Montag, 10. November 2014
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DIETMAR MOEWS „Sixties: Get off of my cloud“ DMW 439.17.89 120 cm / 120 cm, Öl auf Leinwand, 1989 in München gemalt
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Ich freue mich, zum Feiertag der deutschen Einheit, eine Sekunde innezuhalten. Und auf den Ehrenauftritt des Perestroika-Staatschefs von damals, Michail Gorbatschow, und seiner politischen Stellungnahme zu den vergangenen gemeinsamen 25 Jahren, möchte ich Deutschland kritisieren.
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DIETMAR MOEWS „Sixties Gorbatschow“ DMW 440.18.89 und „Sixties Globus“ DMW 441.19.89 120 cm / 120 öl auf Leinwand, 1989 in München gemalt
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Bereits im Jahr 1959 ging ich durch das Brandenburger Tor, noch ohne Mauer. Bei diesem Berlinbesuch ging meine Familie unter der S-Bahnbrücke Wollankstraße hindurch, von der Sternstraße 1 im Wedding nach Altpankow, wo mein Großonkel, der Maler Theodor Großmann mit seiner Frau, Tante Charlotte, wohnte, in einer alten bürgerlichen Wohnung mit schweren schwarzen Barockmöbeln. Onkel Theo schenke mir einen kleinen Aquarellmalkasten, Pinsel und einen geleimten Aquarellblock. Mein Vater, in Niederschönhausen im Jahr 1924 geboren, mein Onkel Theo, der die Panke malte, in Öl und mit Wasserfarben, und zwischen 2008 und 2013 hatte ich selbst in der Schönholzer Straße 2 in Alt-Pankow gewohnt und das Kunstprojekt „Globus mit Vorgarten“ gegründet.
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Zwischen 1973 und 1989 fuhr ich unzählige Male im Transit, hauptsächlich von Hannover nach Westberlin, wo meine Malerfreunde lebten. „Die Mauer umpissen“, war meine jedes Mal wiederholte kleine Symbolhandlung – das war entweder in Kreuzberg oder im Wedding, je nach dem, wo man direkt an die Mauer rankam. Geglaubt haben wir daran so wenig, wie das Absingen und Trommeln auf dem Autolenkrad von Tony Sheridans „Skinnie Minnie“, mit dem Kehrreim „D D R DDR, wenn das elende schikanöse Grenzwarten nicht enden wollte, in Helmstedt und in Dreilinden – manchmal stand man da nachts im Schnee über fünf Stunden, die Vopos fertigten einfach nicht ab, während sie in ihrer Bude saßen, Gardinen zugezogen und Karten spielten.
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Am 9. November 1989 war ich bei einem Freund in Preetz (bei Kiel), es war am 10. und 11. November Wochenende, Frost und strahlende Sonne, wir gingen durch den Ort und es kamen Trabis im Konvoi und einzeln, mit den bläulichen Zweitakt-Wölkchen, fünf, manchmal sechs Leute reingequetscht und beschlagene Fenster mit Eisblumen.
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Wir hatten aus den Fernsehübertragungen die Nachrichten mitbekommen und die Bilder von den Berliner Grenzübergängen – es war jedem bewusst, dass hier schwere Änderungen in Deutschland geschahen, deren Ausgang zwischen Irritationen und Weltkrieg Alles andeuten konnten: Ein geradezu bedrohlicher Emergenzprozess sozialer Dynamik, unter den schlimmsten Erwartungen historischer Bezugsgeschehnisse.
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Allerdings war eine solche absolute Staatspleite – Finanzkollaps und gleichzeitig fundamentale soziale Zersetzung, wie dieser abgewirtschafteten DDR – ohne erinnerliches historisches Beispiel. Was, also, durfte man hoffen?
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Wir waren an der Hauptstraße von Preetz unverabredet einfach stehengeblieben und staunten die Trabi-Gänsemärsche an – und weinten vor Rührung.
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Mir waren die, in diesen Tagen nach dem 9. November 1989, vom Brandenburger Tor übertragene Massenbegeisterung und Freude und der Sturm der Mauer von der Westseite her, verdächtig und äußerst leichtsinnig.
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Zum Glück ging es so, wie wir rückblickend wissen, wie das, was man heute Flash-Mob nennen kann – es floss, ohne Lynchjustiz und Gemetzel. Kein Waffenträger verlor die Nerven und richtete seine Waffe auf Andersdenkende. Mielke und die SED ergaben sich ohne zu schießen.
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Michail Gorbatschow, der damalige sowjetische Staats-und Partei-Kreml-Chef, Wegbereiter der deutschen Einheit, heute Fürsprecher des russischen Staatschefs Vladimir Putin, erklärte der deutschen Öffentlichkeit zu den diesjährigen Gedenkfeiern zum Ende der Berliner Mauer beim Staatsempfang:
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Nach der deutschen Wiedervereinigung habe es so ausgesehen, als könnte Europa durch die Schaffung gegenseitigen Vertrauens ein Beispiel für Konfliktlösungen weltweit werden. Doch der Test für die Erneuerung sei nicht bestanden worden – wir stehen am Rande eines neuen Kalten Krieges. Auf einer Tagung in Berlin „Russland und der Westen“ rief Gorbatschow auf, mit gegenseitigen Anschuldigungen aufzuhören und neues Vertrauen zu bilden.
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Es sollte eigentlich eine Zielsystemorientierung Deutschlands und der EU mit Russland geben. Danach hätte man gemeinsam darauf zu sinnen, dass die Russen und russischstämmigen Menschen in all den Staaten der ehemaligen Sowjetunion (UDSSR / CCCP), nach Auflösung der UDSSR, zumindest eine kulturelle Mindestselbstbestimmung und Gleichberechtigung haben sollten.
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Dass in all den Fällen der neuerlichen Unterdrückung, von Russen außerhalb Russlands, in Estland, Lettland und Litauen, die Einmischung des heutigen Putin-Russlands verständlich scheint, kann nicht verkannt werden. Putin muss auch eine inzwischen „kapitalistisch“ angefixte Russenöffentlichkeit führen.
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Das heißt, nur mit dem stolzen opfervollen Vaterländischen Krieg der ROTEN ARMEE alleine, lassen sich die so langsam aktivierten Russen nicht zügeln. Wir sehen es an den aggressiver werdenden Artikulationen, nicht nur durch Demonstrationen in Moskau hervortreten, sondern auch durch Freiwillige in Donezk. Und das ist kein Spaß – wie Putin seiner russischen Innenpolitik einen ziemlich symbolischen Martialstil vorzuführen hat.
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Auch Putin hat mit Islamismus in den ehemaligen Sowjet-Turkstaaten zu tun.
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Wir sehen Olympia Sotchi, Formel EINS mit Ecclestone und Fußball-WM – und das reicht nicht zur Balance eines selbstgemachten Selbstvertrauens gegen von Außen ausgesendete Geringschätzung.
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Es reicht nicht, wenn Deutschland fordert:
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Selbstbestimmung und Freiheit von Russland in allen ehemaligen Sowjetrepubliken.
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Es reicht nicht, dass sich Deutschland militärisch gegen Russland wendet, wenn der Konflikt zwischen den Staatsbürgern der Ukraine wie auch der Krim, in gegenseitige Gewalt und Unterdrückung mündet. Das betrifft Georgien wie Moldawien, Weißrussland und viele andere ehemalige Sowjetrepubliken und Länder.
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Nun sieht es leider so aus, als habe Russland und als habe Putin das Vertrauen zum Westen verloren. Statt einer zusammenwachsenden Partnerschaft durch Integration und Wandel durch Anpassung führen zu können, eskalieren offene Konflikte.
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Die deutsche Bundesregierung ließ heute den Regierungssprecher Steffen Seibert, dem großen Staatsmann Gorbatschow des Etikett, „Person der Zeitgeschichte“, also der Vergangenheit an – es geht um Verschärfung im Ton und der militärischen Aktivitäten in der Ukraine sowie um die unsäglichen sogenannten wirtschaftlichen Sanktionen.
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DIETMAR MOEWS „Nowhere man / Sixties I“ DMW 410.11.88 205cm/205cm. Öl auf Leinwand, 1989 in München gemalt (Strat mit Uwe Johnson im Fernsehen/My Generation)
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Wie kommen diese Schwachmaten nur auf die Idee, Gorbatschow auf die Jahre 1989 und 1990 festzureden. Ist doch Gorbatschow, nach Jeltzin, der große politische Führer, der aus dem stalinistischen Sowjetapparat eine friedliche Revolution über viele Jahre, seit 1985 bis 1991, führte: „Glasnost und Perestroika“ – diese beiden russischen Zaubervokabeln – dürften doch auch die „falschen Propheten“ Merkel und Seibert von Deutschland begriffen haben.
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DIETMAR MOEWS „Nowhere man / Sixties II“ DMW 436.14.89, 205 cm / 205 cm, Öl auf Leinwand, 1989 in München gemalt
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BILD vom Axel-Springer-Verlag brachte eine angeblich 42 Millionen-Auflage BILD Sonderausgabe zum 9. November 2014 „GRATIS“: Liebes Deutschland. … Mauerfall, ohne Michail Gorbatschows Perestroika angemessen zu würdigen. Da steht dann ein kleiner Textkasten neben George Bush – von dem Bush man zur aktuellen Kriegspolitik der USA durchaus ebenfalls eine kleine „Lage“ gerne lesen würde.
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DIETMAR MOEWS „Nowhere man / Sixties III“ DMW 437.15.89, 205 cm / 205 cm, Öl auf Leinwand, 1989 in München gemalt
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Dietmar Moews meint: Ich bin weit davon entfernt, Politik als Wunschkonzert zu verstehen oder verantwortliche Regierungen zu schelten, wenn sie üble Kompromisse oder schlechte Entscheidungen treffen. Doch es geht um Voraussichten:
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Was soll aus dem wirtschaftlichen Druck und den Sanktionen werden, wenn der Westen fordert, durch Gelddruck militärische Aktivitäten Russlands ändern zu wollen? Man sollte diese Frage ernsthaft sich selbst stellen.
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Welche Karte spielen die USA in den eigenen Totalitätsauffaltungen der militärischen Weltkontrolle und aktuellen heißen Kriegsaktivitäten? Ist die Kriegspolitik der USA wirklich Ausdruck einer Wertegemeinschaft, wie sie die US-Verfassung als amerikanische Vorrechte formuliert?
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Ich wünsche eine Erörterung und Auslegung einer eigenen deutschen Politik mit Blick auf eine EU-Weltpolitik.
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