Hans Magnus Enzensberger 1929-2022 Kurznachruf

November 25, 2022

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am Freitag, den 25. November 2022

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Hans Magnus Enzensberger, deutscher Schriftsteller, Denker und Publizist, als bürgerlicher Erbe und Kapitalist, am 11. November 1929 in Kaufbeuren geboren, wuchs in Mittelfranken auf, ist jetzt am 24. November 2022 in München an langjährigen Gesundheitsstörungen im Alter von 93 Jahren gestorben. Enzensberger war der herausragende Prosaist, dessen elegante intelligente Essayistik höchste Maßstäbe in der zeitgenössischen deutschen Sprache bietet.

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Enzensberger lebte meist verheiratet, die Altersjahre in München-Schwabing, war mehrfach verheiratet und hat zwei,geboren. 1961 lebte er in Tjöme, einer Insel im Oslofjord 1963, mit seiner norwegischen Frau Dagrun, mit der er 1957 die Tochter Tanaquil bekommen hatte. 1966 lernte er auf einem sowjetischen Literatenkongress die sowjetische (heute aserbeitschanische) Maria Makarowa kennen, die Tochter des sowjetischen Schriftstellers Alexander Fadejew, die er 1967 heiratete, was bald wieder getrennt wurde. Es folgte die Ehe mit Katharina Enzensberger, geb. Bonitz in München. Im Jahr 1986 wurde seine Tochter Theresia geboren, die inzwischen als deutsche Belletristin und Journalistin tätig ist.

Sein Vater war Ingenieur bei der Post in Nürnberg seine Mutter (1903-2008) Erzieherin, wurde 103 Jahre alt. Hans Magnus Enzensberger hatte drei jüngere Brüder: Christian war Anglist und bedeutender Philologie-Professor, verstarb 2009. Ulrich war Gründungsmitglied der Berliner Wohngemeinschaft Kommune I und ist als Autor tätig. Der Bruder Martin verstarb Mitte der achtziger Jahre an Lungenkrebs.

Enzensberger studierte Literaturwissenschaft und Philosophie in Erlangen, Freiburg im Breisgau, Hamburg und an der Sorbonne in Paris. 1955 wurde er mit einer Arbeit über Clemens Brentanos Poetik promoviert, insbesondere die Methode von „Rückgriff und Zerstörung“ der Traditionen in der Lyrik.

Im Jahr 1963 erhielt er erst 33-jährig den Georg-Büchner-Preis, und ab 1957 arbeitete er als freier Schriftsteller in Stranda (West-Norwegen), ging dann 1959 für ein Jahr nach Lanuvio bei Rom. Enzensberger verbrachte wesentliche Zeiträume seines Lebens in vielen verschiedenen Ländern, wo er sich mit fremden internationalistischen Menschen, Lebensweisen und Sprachen vertraut machen konnte, wovon Enzensberger in seinen bedeutenden Publikationen zeugte. Ein Fellowship an der privaten Wesleyan University, Connecticut USA, brach er 1968 nach drei Monaten unter Protest gegen die US-Außenpolitik ab und ging für ein Jahr nach Kuba.

Die deutsche Publizistik holte bis ins hohe Alter Enzensbergers Wissen, Bedenken und Meinungen zur aktuellen geistigen Lage ein. Noch kürzlich erschien ein Lyrikband bei Suhrkamp, dem deutschen Großverlag, der die 68er mit Hauen und Stechen bis heute durch die nun aussterbende SALONPERSONNAGE auf den Markt drückt. Enzensberger nahm an Tagungen der Gruppe 47 teil und reüssierte in diesen 68er Netzwerken. Anknüpfend war er Autor beim Süddeutschen Rundfunk Stuttgart und Lektor bei Suhrkamp-Verlag Frankfurt a. M.

Herauszuheben ist Enzensberger als Mitgründer im Jahr 1965, zusammen mit Karl Markus Michel, und seine jahrelange Herausgeberschaft der Hauptzeitschrift des westdeutschen Marxismus der sogenannten 68er – Kursbuch (bis 1976) –. Auch seine Luxuszeitschrift TransAtlantik oder später die exklusive Buchreihe, „die andere Bibliothek“ (1985-2007), die vergessene Weltliteratur bis heute wiederentdeckt und in schönen Büchern veröffentlicht; das ist Spitze deutschsprachiger Literatur in Deutschland der Moderne, in wirkungsvoller Geltung. Dass Enzensberger als wirklicher Kenner und substantieller Kritiker der Schriften von Marx und Engels zu sehen wäre, ist eben solcher Unfug, wie all die „DDR-Berufsmarxisten“ mit ihren blauen 46 MEW-Bänden, die bis heute weitgehend UNGELESEN sind. Empirisch-historisch wurde Marxismus (also angebliche Kenntnis und Rezeption der Schriften von Karl Marx und Friedrich Éngels) Bolschewismus aus Massenblödheit, einschließlich Enzensbergers Gedankenlosigkeit hierzu. Seine persönliche intellektuelle Ehrenrettung brachte Enzensberger selbst zum Ausdruck:  „mit Bekenntnissen um sich zu schmeißen. […] Bekenntnissen ziehe ich Argumente vor. Zweifel sind mir lieber als Sentiments. Widerspruchsfreie Weltbilder brauche ich nicht. Im Zweifelsfall entscheidet die Wirklichkeit.“

Zu nennen ist das KURSBUCH 20 (1970 „Über ästhetische Fragen“), in dem das empirische Medienwesen, Medienwissenschaft, Medienkritik und die massenmedialen Machtspiele erklärt werden. Enzensberger und Michel wurden mit der Reihe Kursbuch zu den Leitpublizisten der 68er Studentenbewegung. Damit wurde er zu einer Wurzel der deutschen Alternativbewegung, den Gründungen von Bürgerinitiativen und schließlich dem entstehen der Partei Die Grünen in Deutschland. Das ursprünglich von Wagenbach herausgegebenen Kursbuch wechselte mehrfach den Verlag, Kursbuch-Ausgaben wurden auch im Verlag Zweitausendeins publiziert und endete im Jahr 2008. Neu erscheint das Kursbuch seit 2011/2014 heute bei Murmann-Hamburg viermal jährlich, Herausgeber ist der Pseudo-Soziologe, nämlich begrenzter Soziologie-Historiker, Armin Nassehi, Professor in München.

Im Zusammenhang der RAF und des deutschen Terrorismus der 1970er Jahre erklärte Enzensberger die rechtstheoretische Logik der Revolutionäre: „Der revolutionäre Akt ist seiner Natur nach nicht justitiabel. Er ist dazu da, den ganzen Apparat der Repression über den Haufen zu werfen und die Rechtsordnung, die ihm den Weg versperrt, aus den Angeln zu heben. Nicht die Revolution, nur ihr Scheitern kann vor Gericht stehen.“

Enzensberger hat über 100 belletristische Werke mit Lyrik, Prosa, Theaterstücke, Übersetzungen, Tagespolitik, seit 1965 publiziert. Wichtige Übersetzungen aus fremden Sprachen, wie z. B. von Shakespeare, oder Pablo Neruda, gehören dazu, wie seine polyglotten persönlichen Beziehungen mit der deutschen Massenkommunikation sowie fremden zeitgenössischen Kulturkreisen von Skandinavien oder Lateinamerika.

Enzensberger war ein Kritiker der Rechtschreibreform und unterzeichnete auf der Basis der Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform von 1996 unter anderem im Jahr 2004 den Frankfurter Appell zur Rechtschreibreform.

Nicht zuletzt – wie sein schwimmender „Marxismus“ – ist Enzensbergers Medienmetaphysik letztlich empirisch so falsch wie alle Horkheimer/Adornismen und alle Jürgen Habermas- und Alexander Kluge-Absurditäten der 68er SALONPERSONNAGE, die als eingängige Narrative benutzt werden, aber keiner Wirklichkeit, lediglich einem verkappten Bolschewismus exklusiver Personalpolitik entsprechen:

Seine bekannteste Auseinandersetzung mit den Medien, vor allem mit dem Fernsehen, ist sein Text Baukasten zu einer Theorie der Medien (Kursbuch 20, 1970). Enzensberger bezeichnet darin die elektronischen Medien als Hauptinstrumente der Bewußtseins-Industrie im Sinne Adorno und Horkheimers, der er weitgehende Steuerungs- und Kontrollmacht über die spätindustrielle Gesellschaft zuschreibt. Er schrammt dabei glatt an der kulturindustriellen Tatsache der empirischen deutschen LÜGENPRESSE vorbei (vgl. Falsche Propheten, Leo Loewenthal). Enzensberger fordert in dem Text eine sozialistische Medientheorie und zugleich einen emanzipatorischen und emanzipativen Umgang mit den Medien. Probleme sieht er im „repressiven Mediengebrauch“ (ein zentral gesteuertes Programm mit einem Sender und vielen Empfängern, der die Konsumenten passiv macht und entpolitisiert). Spezialisten produzieren den Inhalt, werden dabei jedoch durch Eigentümer oder Bürokratie kontrolliert. Ein „emanzipatorischer Mediengebrauch“ dagegen würde jeden Empfänger zum Sender machen. Durch die Aufhebung der technischen Barrieren würden die Massen mobilisiert und politisch eingebunden. In seinen 1988 veröffentlichten Gesammelten Zerstreuungen bezeichnete Enzensberger das Fernsehen als „Nullmedium“.

2011 äußerte sich Enzensberger zunehmend kritisch zur Europäischen Union. Er beschreibt sie als Konstruktion von oben und bemängelt ein Fehlen des demokratischen Elements. 2013 sagte er „In jeder Verfassung der Welt steht ja ein Recht auf Privatsphäre, Unverletzlichkeit der Wohnung und so weiter … das sind ja lange Passagen. Das ist abgeschafft! Das heißt, wir befinden uns in postdemokratischen Zuständen.“ Enzensberger sah eine Allianz zwischen Konzernen und Nachrichtendiensten am Werk: „Es gibt eine Minderheit von Leuten, die das nicht akzeptieren will, aber die Mehrheit der Leute findet das völlig harmlos, unproblematisch. Die verstehen gar nicht, dass eine politische Macht dahinter steht.“ Enzensberger zufolge machten die Konzerne die Bürger zu vorhersagbaren, fröhlichen Konsummaschinen und auf den Servern der Nachrichtendienste seien die Bürger vollständig kontrollierbare Menschen. Edward Snowden sei wahrscheinlich ein Held des 21. Jahrhunderts. Ende Februar 2014 veröffentlichte Enzensberger in der FAZ unter dem Titel Wehrt Euch! zehn Regeln für Menschen, die sich der Ausbeutung und Überwachung in der digitalen Welt widersetzen wollen.

Unsere mit digitalen Weltweit-Medien angereicherte Lebenswirklichkeit beweist täglich, dass allein technisch bedingt eine soziale, also interaktive und interdependierende „Zweikanal-Kommunikation“ (vgl. Adorno-Enzensberger) die Geister der massenkommunikativen Öffentlichkeit eben nicht integrieren kann. Enzensberger hat hierzu letztlich nicht mehr räsonieren können.

Ich schließe mit einem Wikipedia-Enzensberger-Zitat:

„… Enzensberger selbst: „Sehen Sie, es gibt über mich so viele Geschichten. Es gibt die Bruder-Leichtfuß-Geschichte von dem, der überall mitmacht und dauernd seine Überzeugung wechselt, es gibt die Geschichte vom Verräter, der unzuverlässig und kein guter Genosse ist, es gibt die Deutschland-Geschichte über einen, der mit seiner Heimat Probleme hat. Das sind Legenden, mit denen man leben muss. An all diesen Geschichten ist etwas dran. Keine würde ich als absolut falsch bezeichnen. Aber warum soll ich sie mir zu eigen machen?“

Im März 2009 widmete ihm das Deutsche Literaturarchiv in Marbach ein zweitägiges Symposium: „Hans Magnus Enzensberger und die Ideengeschichte der Bundesrepublik“. Nach der Tagung beurteilte das deutsche Feuilleton die häufigen Positionswechsel Enzensbergers eher wohlwollend und verständnisvoll. Das „habituelle Hakenschlagen“ (FAZ) oder sein „Zickzackkurs“ (FR) seien als Ironie, frühe Postmoderne  und prinzipielle Zustimmungsverweigerung zu deuten.“

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Dietmar Moews meint: Ich habe in meinen Schwabinger Jahren, zwischen 1987 und 1995, Enzensberger sehr beachtet, aber leider nicht persönlich kennengelernt. Beachtenswert, aus Sicht eines Künstlergelehrten, sind Enzensbergers Anmutungen in seinem Text von 1962: „Die Aporien der Avantgarde“. Das beeindruckt mich besonders, denn er hatte schon gemerkt, was in meinen dazumaligen Jugendjahren-Erlebnissen noch keine diesbezüglichen Einsichten auslöste. Seine geistige Zeitgenossenschaft ist durch den Tod beendet, das ist ein schwerwiegender Verlust geothescher Dimension. Seine Publikationen sind zugänglich – wer Geist hat, sollte da anküpfen.

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Dietmar Moews: Kulturindustrie aus Neue Sinnlichkeit 25

September 1, 2014

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am Montag, 1. September 2014

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Kulturindustrie. Das Wort Kulturindustrie hat mehrere Aspekte, die über das verständlich zusammengesetzte Hauptwort aus „Kultur“ und „Industrie“ hinausgehen.

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Wer das Wort Kulturindustrie sinnvoll verwenden und verstehen will, braucht Kenntnisse und Urteilskraft zu den verschiedenen Bedeutungsfeldern der Kultur und der Industrie, also der Kulturgeschichte und der Industriegeschichte.

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Ferner benötigt man Kenntnisse des Trends der prozessuralen Entwicklung der sozialen, materiellen, technischen Veränderungen, z. B. gehören zum Verständnis von „Industrie“ Wirkungskreise der Produktion, der Konsumtion, der Distribution und der Information.

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Ein Beispiel zu den Aspekten der verschiedenen Ausprägungen der menschlichen Produktion: Vormals gab es Handarbeit und Manufaktur mit Werkzeugen, später dann Industrie mit Kraft- und Werkzeugmaschinen, heute nennen wir „Industrie 4.0“, eine synergetische Kulturindustrie von Produktion / Distribution / Konsumtion / Kommunikation gleichzeitig, die computergesteuerte Produktionsautomaten eigenständig steuern kann – und zwar auf kurze Zeiträume profitorientiert.

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Zum Begriff „Kultur“ spare ich mir hier die Erklärung, denn es reicht der Hinweis, dass eine Begriffserklärung des zusammengesetzten Hauptwortes „Kultur“ und „Industrie“ bereits selbst Kultur ist. Und das Ergebnis des Kulturschaffens ist das so gesehen „gefestigte“, aber auch „flüchtige“, „Kulturgeschehen“.

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Wenn in der Kultur „Kunst“ entsteht, bleiben allerdings die „Kunstwerke“ als formgewordene Wertschätzung übrig, die aber mit ihrem Entstehen einen festen Zustand erhalten, während die Kultur und der Kulturbegriff sich weiterbewegen.

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Insbesondere wandelt sich das Urteils- und Wertschätzungsverhalten der Menschen in ihrer Kultur weiter, indem sie durch „Erinnern“ und Vergessen“ bzw. durch „nicht Lernen“ ehedem geschaffene Kunst nicht mehr erkennen oder nicht mehr wertschätzen.

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Z. B. wurden in Deutschland Kunst und Kultur derart verstaatlicht, dass es für alle Gewerke akademische, staatliche Professionals gibt, die aber infolge des ebenfalls staatlich festgesetzten Curriculums wesentliche Bestandteile der Kulturgeschichte nicht akademisch kennen lernen, wie z. B. die Malerei. Folglich fehlt in der staatlichen Kunstverwurstung der postmodernen Zeit das Personal, das diese Kunst der Malerei pflegen und der Gesellschaft angemessen bereitstellen würde.

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Die Anwendung des Begriffes „Kulturindustrie“ ist dann im Weiteren „Kultur“. Das Kulturgeschehen prägt außerdem durch jede Kulturhandlung eine neue Begriffsausprägung. Kurz: „Kultur“ ist eine „höhere, sozial geprägte Handlungs- und Lebensweise“, die allerdings unterschiedliche Höhen haben kann. Mancherlei Kulturhandeln hinterlässt Werke, wie die Malerei, oder die Schriftstellerei. Aber wer Worte in den Sand schreibt oder wer eine Ballettaufführung tanzt setzt andere physikalische und metaphysikalische Wirkungen ins ephemere Werk als Michelangelo mit dem Bau des Petersdoms.

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Kultur bedeutet nicht ständige Höherentwicklung der menschlichen Lebensweise, sondern es wirkt stets die soziale Bedarfslage der Menschen auf den Kulturprozess, ob höher, einfacher, atavistisch, folkloristisch, mehr sinnlich oder metaphysisch ausgerichtet.

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Wer Kultur verstehen will, hat auf die Seinsbindung und die sinnlichen Tatsachen zu blicken, statt mit Verurteilungen wie „Hochkultur“, Massenkultur“, „Unterhaltungskultur“, „Freizeitkultur“ „Wertverfall“ oder „Elitekultur“ herumzufuchteln.

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So weit bis hierher zur Erklärung, wie man den Begriff „Kultur“ in den Griff kriegt. In jedem Fall haben wir es, mit der Kultur und der Tatsache einer wie auch immer geprägten Kulturindustrie, mit sozialen Aktionen und Interaktionen und deren Folgen zu tun, zudem mit deren „sprachkulturellen“ Manifestationen, die ebenfalls potentiell ständigem Wandel unterliegen.

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Im Jahr 1994 begann ich mit meinem eigenen „Lexikon des Kunstwesens“, das ich in den Blättern Neue Sinnlichkeit, in loser Folge, schreibe und publiziere. Zum Schlagwort „Kulturindustrie“ habe ich mich bereits ganz am Anfang herbeigelassen, wie folgt:

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Kulturindustrie –  „Kultur“ ist eine „höhere, sozial geprägte Handlungs- und Lebensweise“, sie bezeichnet primär einen über ökonomische Aspekte einflussgewinnenden Wirkekreis innerhalb der „Organisation in der Produktion und Distribution von Kunst (OiPDK), wie allgemein für Industrialisierung, Massenproduktion, kapitalintensive Technologien, Kommerzialisierung und Massenkonsum typisch ist.

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Der Wirkkreis der Kulturindustrie ist sowohl für den totalen Kunstprozess wie für die OiPDK, die „organisierte Kunstförderung (OKF)“ und nicht für jeden einzelnen arbeitszeitintensiv handwerkelnden Künstler als Schlüsselproblematik anzusehen.

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Kollektivierung, Standardisierung, Mechanisierung und Unterdrückung persönlicher Freiheiten sind Folgen der Kulturindustrie für die Kunstproduktion. Die verändernde Dynamik hinsichtlich der visuellen Kultur und deren Organisation ist hinsichtlich Marktlage, Kunstkonsum und Preisentwicklung bedeutend.

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Die verschiedenen Organisationsebenen und Organisationsformen der OiPDK und der OKF sind auch infolge dieser ökonomischen Aspekte der Kulturindustrie gewachsen, zu denen Problemkreise Staat/Markt/Intermediäre/Privatsphäre oder For-Profilt/Non-Profit sowie deren arbeitsteiligen Mischformen gehören.

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Der Begriff Kulturindustrie ist laut Silbermann (1975) erstmalig im 19. Jahrhundert von Ruskin/Morris verwendet worden. Horkheimer/Adorno (1969) sowie Adorno (1973) sehen in der Kulturindustrie genannten Problematik die gesellschaftlich und kulturpolitisch totale, kapitalistische Systemübermacht. Silbermann (1974) sieht mögliche auf die Kulturindustrie zu beziehende Systemtransformationen als historische Prozesse, die von den soziologisch wirksamen Bedürfnissen der Menschen ausgehen und somit Kulturindustrie als gerufene Methode zur Bedürfnisbefriedigung an.

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Dietmar Moews meint: Die bedauerliche Tatsache, dass ich mir kein Gemälde des von mir hochgeschätzten Breugel kaufen kann, trifft man mit diversen anderen Beispielen im Prinzip überall, bis hin zum kostengünstigen Poster an der Wand mit dem Portrait von Doris Day, die sonst frei bliebe.

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Die Horkheimer/Adorno-Untergangsszenerie aus dem Fragment „Dialektik der Aufklärung“, mit der Kriegsparole „Kulturindustrie“ ist doppelt Mist. Einerseits ist das Buch selbst Kulturindustrie – (ich hätte es sicher nicht handschriftlich kopiert – es wurde kulturindustriell vervielfältigt). Und es ist auch in sofern Unfug, weil die defätistische Ansage von Horkheimer/Adorno im Zusammenhang mit der Kulturindustrie das Ende der Welt bedeute, blieb bis heute unvollendet, ebenso wie die Befreiungs-Revolution nach der marxistischen Methode der historischen Dialektik nicht kommt. Marx und Engels glaubten an die Selbstvernichtung des Kapitalismus in ihren Tagen, um 1860. Bis heute sehen wir die fröhlichen kostspieligen Improvisationspotenziale des „Molochs“. Und so ist es mit der Kulturindustrie des völlig überforderten Adorno und seiner Aufklärungsdialektik: Es ist Wichtigtuerei: Die Welt geht nicht vom Kapitalismus unter, sondern wenn, dann durch Wichtigtuer. Deshalb ist Adorno auch noch heute ein Stoff für Wichtigtuer.

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