Hölderlin 250

März 30, 2020

Lichtgeschwindigkeit 10014

am Montag, 30. März 2020

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Der mir bereits als jugendlichem Literaturfresser durch die kleine Stuttgarter Dünndruckausgabe von Friedrich Beißner „besorgten“ Ausgabe von 1969 und als Literaturgeschenk meiner damaligen Lehrerkollegin und früherer Lehrerin, der pommernvertriebenen, sehr gebildeten Marie Luise Weylandt in Springe (die sich von mir damals ein Wandbild malen ließ), vermittelten Anregung, dazu die wesentlichen Hölderlin-Texte von dem Sorbonne-Germanisten Pierre Bertaux, haben mir Friedrich Hölderlin, neben anderen Sternen, zur Lebensbeleuchtung werden lassen.

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Ich habe jetzt – in Anerkennung der von Rüdiger Safranski verfassten Biographie mit dem Titel

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„RÜDIGER SAFRANSKI HÖLDERLIN Komm! ins Offene, Freund!“,

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eine eigene Hölderlinwürdigung verfasst, die hier als LICHTGESCHWINDIGKEIT zum Hölderlingeburtstag 250 folgt – „Hölderlins Schweben“.

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Friedrich Hölderlin ist mir zwar „ein Dichter des Dichtens“. Er war insgesamt aber ein ziemlich verstocktes Kind seiner Mutter und seiner Zeit, das auf den Schultern von Immanuel Kant, gemeinsam mit Schelling, Hegel, Fichte, Renz und Schiller und auf den Auras weiblicher Selbstbehauptungen dichterisch kaum zu Potte kam, gottessehnsüchtige griechische Götterfülle feiern wollte und dabei idiolatrische Affekte durchlitt. Hölderlin hielt auf gottvolle Emanzipation, versackte aber in den republikanisierenden Geschehnissen seiner Zeit. Seine Schulfreunde nannten ihn auch „Holz“ – Göthen schrieb „Holterling“ – Safranski ist vom Dichter begeistert (am 30. März 2020 im DLF-Interview).

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Hölderlins Schweben

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Wenn wir nur wüssten, dass alle Menschen schweben. Dann wüsste es auch jedes Kind. Einfachheit wäre nicht Einfalt. Ursprungssehnsucht bliebe lebendig, auch wenn ein individuelles Schwebebewusstsein der Entfremdung heraufkommt (ohne den idiosynkratischen „Holz“ nachträglich zu beleidigen).

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Beim heute gefeierten Dichter Friedrich Hölderlin wurde die Lebensverspannung seiner ersten Lebenshälfte, zwischen einem idealistischen Zwangssollen zum Christsoldat und einer verirrten Abgötterei des arkadischen Griechentums, zum Schweben als Lyriker einer Ersatz-Urania – Hölderlins kosmischer Ordnung. Da war es 1801. Hölderlin wurde aus der geschlossenen Psychiatrie zwangsverbracht. Im Tübinger Turm am Neckar geriet ihm dann – geradezu christbiblisch (am Anfang war das Wort) – jede Zeile zur Selbstbestätigung, während doch sein erwiesener Halt bei Immanuel Kant und dessen rokokohafter Spieluhr der Vorstellungsorganisation helle Momente der Qualitätsurteile in Realität, Negation und Limitation bedingte, selbst wenn Hölderlin sich so harsch ausdrückte:

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„Ich hasse mich! es ist ein ekles Ding /

Des Menschen Herz, so kindischschwach, so stolz,

So freundlich …

Und doch so hämisch wieder! weg! ich hasse mich!

So schwärmerisch wenn es des Dichters Flamme wärmt …“

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Schon der junge Hölderlin litt und genoss, von seinem Sprechen völlig dominiert.

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Seine später bei Immanuel Kant so gültig definierte „Freiheit als Einbildungskraft“ irritierte dabei keineswegs, dass der Einfalt inmitten der Dingwelt eben das einfach zu nehmende Ding abhanden gekommen war. Kant hatte unsere erste sinnliche Wahrnehmung in eine begriffliche Symbolwelt übersetzt. Und schon Hölderlin-Kind fand eine eigene Einbildungskraft – ein quasi solipsistisches Spiegelbild der eigenen Perspektiven – selbstrespektierlicher und authentischer als jegliche Dingwahrheit oder Wahrheitssuche. Hölderlin kam das kantsche „Schweben der Einbildung“ sehr entgegen, passte es doch auch gut zu den griechischen Götterscharen, mit so eingeschwebten, völlig ganzheitlichen, unentfremdeten antiken Lebensweisen.

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Bei seinem gedichteten altgriechischen Personal, von Hyperion bis Empedokles, konnte das gedichtete Schweben mit dem diskursiven Schweben gut und gerne als Auftakt zur Moderne, 2020, hingestellt werden. Wo das Narrentum der Narrative zur sprachlichen Leitkultur beschworen wird, weil wir es als Demokratie so missverstanden haben, dass Menschen reden, die nichts zu sagen haben. Allerdings nunmehr haben die jetzt das Sagen und erreichen eine schwebende Schmerzbefreiung der Einfältigen, mitsamt dem Fluss ins Meer.

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Die Hölderlin-Geburtstagsfeierer kommen damit nach 250 Jahren an einen geistigen Tiefpunkt, deren Salonpersonnage es nicht einmal fertig bringt wissenschaftlich zu erörtern, ob die vorhandenen Zeugnisse des Hölderlin zeigen, dass ein solches Schweben ihm wirklich vorschwebte, als er Gott und Götter mischte.

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Günter Schulte 1937 – 2017 Kurznachruf

Dezember 28, 2017
Lichtgeschwindigkeit 7823

vom Donnerstag, 28. Dezember 2017

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Günter Schulte war ein deutscher Künstlergelehrter, Lehrer und Philosoph. Schulte wurde am 21. November 1937 in Köln geboren und ist 79-jährig, am 26. April 2017, ebenda gestorben. Schulte litt zeitlebens an starken Schmerzen einer Körperverkrümmung sowie an erheblichem Haut-Juckreiz. Er lebte die letzten Jahre in voller Demenz zu hause, von seiner Familie umsorgt.

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Günter Schulte studierte in Köln Mathematik, Physik und Philosophie. Nach dem naturwissenschaftlichen Staatsexamen wurde er im Jahr 1964 mit einer Nietzsche-Studie zum Dr. phil. promoviert, später, im Jahr 1970, mit einer Studie über die Schriften von Johann Gottlieb Fichte habilitiert.

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Er arbeitete mit Mathematikunterricht, teilinvalide, als Lehrer an einem städtischen Kölner Gymnasium, später als Dozent an der Fachhochschule für Kunst in Köln. Seit 1971 war Günter Schulte außerplanmäßiger Professor für Philosophie an der Universität zu Köln. Seit den achtziger Jahren lebte er als Hausmann und Künstlergelehrter, zog mit Ehefrauen und Kindermädchen, über zwanzig Jahre, vier eigene Kinder auf, studierte, schrieb, malte, schnitzte und bildhauerte nach eigenen Maßgaben und trat mit seinen Büchern, mit Vorträgen und Kunstausstellungen öffentlich auf. Sehr bekannt wurden seine Beiträge in der Zeitschrift Neue Sinnlichkeit zu seinen „LEIBPERSPEKTIVEN“ sowie seine Herausgabe in der SLOTERDIJK-Reihe „Philosophie Jetzt! zu den Philosophen in Einzelbänden Kant, Fichte, Hegel. Legendär wären seine liebevoll virtuosen Miniatur-Speckstein-Mösen – wären die bekannter. Er selbst hat davon keine Bilder publiziert (vermutlich sind die Unikatfigurinen privat verstreut).

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Dietmar Moews meint: Unsere letzte bewusste Begegnung war etwa anfang Jahr 2012, im Telefongespräch zwischen Berlin und Köln, über die 68er Dauermisere mit Habermas und Adorno und dem Spagat, den Sloterdijk in der Salonpersonnage bei Suhrkamp vorturnte. Da hatte Günter Schulte noch seine gedankliche Schärfe und Schnelligkeit, die ich immer an ihm besonders schätzte. Anlässlich einer kurzen Stippvisite, im Jahr 2016, sah ich ihn zuletzt. Er sah gut aus, war strahlend freundlich, wie gewohnt – nur sein Kind an der Tür sagte: Er erkennt niemand. Ja – welch ein Schock (unlängst war mein Freund Franz Otto Kopp, im selben Alter wie Gü, mit 78 Jahren gestorben).

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Folgende Bemerkungen möchte ich ihm nachrufen. Günter Schulte war ein ungewöhnlich lebhafter, aufmerksamer, freundlicher, musischer und ungeduldiger Mensch. Ihm waren belastungsschwache pädagogische Fälle lästig. Doch er sog das Andere des Anderen als Wissens- und Reflexionsquelle. Seine Schüler loben ihn als Lehrer und als Professor. Er kannte Nietzsche, den er letztlich verurteilte, Marx, der ihn schließlich langweilte und seine eigene lustorientierte SEXUS-NEXUS-Verfangenheit, die ihn ärgerte. Dem Christen und der Bibel mochte er den allzumenschlichen Rettungsort nicht glauben. Er schätzte den Phänomenologen Hermann Schmitz und den so früh gestorbenen neuromythischen Detlef Linke und er hasste den kommenden Tod, den er mindestens seine letzten zwanzig Lebensjahre zum Hauptmotiv-Feind hatte. Ich kannte ihn als tüchtigen und pragmatischen Multitask-Koch und Hausmann, der temporeich in seiner Küche kochte, die Flasche Rotwein öffnete und mit mir über unseren Grunddissens zur 68er Freud-Verfangenheit stritt. Während wir der Sinnlichkeit, dem Leib und der sinnlich angebundenen Erkenntnis frönten, stritten wir über die psychoanalytisch-sexistischen und sozialpsychologischen Ansagen im 68er Menschenbild. Günter Schulte erfreute sich an Beatlesliedern (Rubber Soul), die ich zur Gitarre sang und er spielte Mozart am Flügel, so auswendig und schwungvoll, wie es Lebensfreude und -Leid mit sich brachten. Seine Dauerschmerzen waren Maß für die Beweglichkeit, den Aktionsradius, er fuhr Auto auch lange Strecken, er las meist in schmerzmindernden Liegepositionen, so malte, zeichnete und schnitzte er auch. Seine Bildideen suchten und fanden den direkten Weg von der Natur durchs Auge, über die Hand auf die Leinwand und Papier und in die Specksteine. Dieser Mediengang brachte die künstlerische Abstraktion, geleitet vom Natureindruck. Wenn er eine ARENA oder einen WALD malte, konnte die Farbe willkürlich und naturfremd sein, die Morphologie und das Licht, die Zentralperspektive und die Verkleinerungen sollten immer stimmen. Sein Thema wurden dabei LEIBPERSPEKTIVEN und SEX. Unser Motto war „eine so große Vulva, die man nicht mit zwei Händen bedecken konnte“. Günter Schulte schuf Werke, die etwas zum Sehen und Anfassen boten. In der Ballhof-Galerie Hannover, die ich führte, haben seine Bilder und Specksteinschnitzereien großen Anklang und zahlreiche Käufer gefunden. Günter Schultes Vorträge, die wir dort veranstalteten, waren mit begeistertem Publikum und intensiven Diskussionen überfüllt. Es kamen sogar extra Zuhörer aus Köln dafür nach Hannover. Als 68er war er den politischen Parteien verhältnismäßig wenig zugetan. Doch begrüßte er die GRÜNEN, die Friedlichgestimmten, und den Menschen- und Naturschutz – während zur Frage einer USA-Reise Gü entsetzt meinte, „da würde einer Figur wie ihm kein roter Teppich ausgerollt, sondern es kämen Krankenpfleger mit der Zwangsjacke“.

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Nicht unbedacht zitierte er Niklas Luhmanns Motto:

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„Ein leichter Kopfschmerz muß alle meine Vorstellungen begleiten können“

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und dazu Schultes eigenes Diktum:

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„Wir anerkennen also eine Gegenständlichkeit als notwendig für jedwedes Erkenntnisunternehmen, also auch für Erkenntnistheorie.“ aus „Das Auge der Urania, 1975.

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https://www.youtube.com/watch?v=n5bYZeh-lkU

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