Lichtgeschwindigkeit 5626
vom Sonntag, 31. Mai 2015
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Alfred Neven DuMont, geboren am 29. März 1927 in Köln, als Sohn des Verlegers Kurt Neven DuMont (und Enkel des Malers Franz von Lenbach) starb am Samstag, 30. Mai 2015, 88-jährig ebenda.
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Alfred Neven DuMont studierte Philosophie, Geschichte und Literatur in München sowie Journalismus an der School of Journalism in Chicago.
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Im Jahr 1953 trat er in das Verlagshaus M. DuMont Schauberg ein und avancierte 1960 zum Herausgeber des Kölner Stadt-Anzeiger. Im Jahr 1964 gründete er die Boulevardzeitung EXPRESS. Nach dem Tod seines Vaters Dr. Kurt Neven DuMont im Jahr 1967 wurde er alleiniger Herausgeber von Kölner Stadt-Anzeiger und EXPRESS und zugleich Vorsitzender der Geschäftsführung des Verlages.
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33 Jahre später, 1990, übernahm er den Vorsitz des Aufsichtsrates des Verlages M. DuMont Schauberg, der in diesem Jahr die Mitteldeutsche Zeitung in Halle/Saale kaufte. Im Jahr 2006 erwarb der Verlag 50 Prozent und eine Stimme an der Frankfurter Rundschau, bei der Alfred Neven DuMont Vorsitzender des Herausgeberrates war. Seit 2009 hält M. DuMont Schauberg 65 Prozent am Berliner Verlag (Berliner Zeitung, Berliner Kurier) und der Hamburger Morgenpost.
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Das Verlagshaus DuMont Schauberg arbeitete in der Stadt Albertus Magnus‘, der „französischen“ Pressefreiheit unter den Preußen, den wichtigen staatlichen Radio- und Fernsehsendern des Westdeutschen Rundfunks der ARD, den kommerziellen Anbietern von RTL, Sat 1 und Pro 7 und weiteren sowie dem Deutschlandfunk (DLF) und der Geschichte der Deutschen Welle in Köln. Die Medienstadt Köln, mit spezifischen Medien-Hochschulen und inmitten der vorantreibenden IT-Revolution ist einer der wichtigsten weltweit beachteten Medienplätze, wo naturbedingt eine besondere Intelligenz von Medienschaffenden lebt und arbeitet.
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Alfred Neven DuMont hat „sein“ Unternehmen mehr als ein halbes Jahrhundert lang entscheidend geprägt. Seine Nachlassdisposition im „Familienbetrieb“ an die eigenen Kinder war ihm nicht wunschgemäß gelungen. Aufsicht und Vorstand des Medien-Unternehmens wurden inziwischen schrittweise außerhalb der Familie verankert.
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Als Gründungsherausgeber der rheinischen Boulevardzeitung EXPRESS im Jahr 1966, hat er maßgeblich die Geschicke der Zeitungen, allen voran des Kölner Stadt-Anzeigers, beeinflusst.
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Mit dem Kölner Express ist ein alternatives Boulevard-Blatt zum BILD-Filialsystem im Axel-Springer Verlag entstanden, das „besser“ und liebevoller das journalistische Missverhältnis von Abbildungen, anschreienden Überschriften und lokaler Verlässlichkeit etablierte und sich sogar in den großen Verdrängungskämpfen mit BILD Köln am Markt behauptete, als beide Blätter wochenlang kostenlos an die Kölner gratis ausgegeben worden waren.
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Mit den Aufkaufaktivitäten von Titeln nach dem Ende der DDR und den redaktionellen „Rationalisierungen“ von Kölner Stadt-Anzeiger, Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung, hatte Alfred Neven DuMont zu wenig pressesoziologische Urteilskraft angewendet, um unvereinbarbare Kräfte leistungsfähig auf den Markt zusammenführen zu können. Die verkleinerten Titel mussten vom Kölner Verlag revidiert werden. Man kann eine Frankfurter Rundschau nicht in Berlin machen.
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Zu dieser Zeit verpasste Alfred Neven DuMont die IT-Revolution als neues Vorzeichen von kommerzieller Publizistik. Inzwischen hat das Verlagshaus eigene Internetz-Portale der bestehenden Titel und nutzt dazu die traditionell gewachsenen Geschäftsbeziehungsnetzen zur werbenden Wirtschaft und zu den lokalen Kommunikationspotenzialen.
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Neben seiner Leidenschaft für Publizistik gerierte sich Alfred Neven DuMont als Mäzen zur Förderung von Kunst und Kultur, vor allem in seiner Heimatstadt Köln. Damit musste sich Alfred Neven DuMont auch für die kölnspezifischen Kulturverhältnisse mitverantwortlich fühlen, sei es das spezifische Milieu der katholischen Kirche wie auch die Moderne- und Postmodernemachenschaften im Zeichen „Ludwig“.
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Alfred Neven DuMont hat wesentlich und meist maßgeblich an der Kölner „Personalpolitik“ teilgenommen, war publizistisches Fundament und Umrahmung für zahlreiche Kölner Machenschaften, die über das Zauberwort „Kölsche Klüngel“ oft auch ins Kriminelle hinausgingen.
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Wir sahen den Kölner Stadt-Anzeiger nicht als unabhängigen Wächter der freien deutschen Presse im Kölner Lokalgeschehen, wenn RTL die KölnMesse umbaute, während es zu bestimmten Bau- und Mietverträgen kam. Wir sehen weder beim eingestürzten Kölner Stadtarchiv noch bei den Dispositionen zum Bau der U-Bahn und der „neuen“ Fachhochschule an der Alteburger Straße u. s. w. eine wertende Verantwortung für Grundstücks-, Immobilien- und Bebauungspläne-Politik. Wir staunen über Herstatt, Gerling und Oppenheim-Welpenschutz.
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Von 1970 an war Alfred Neven DuMont Mitglied im Präsidium des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, dessen Vorsitz er von 1980 bis 1984 innehatte und seitdem Ehrenmitglied war. Von 1990 bis 1998 war er Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Köln.
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Dietmar Moews meint: Mir scheint herausgehoben werden zu müssen, dass Alfred Neven DuMont ein sehr fleißiger und tapferer Verleger war, dessen Lebenswerk als herausragender persönliches Verdienst und Erfolg am Markt zu sehen ist:
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Sowohl die technischen Fortschritte und kapitalaufwendigen Investitionen wie auch die guten Fingerspitzen für die beschäftigten Journalisten und Reporter wie der alles platt machende Großkapitalismus im Bereich der Zeitungen gegenüber der technisch überwölbenden elektronischen Multi-Medienwelt der marktmonopolitischen Kulturindustrie unserer Tage, haben bis zuletzt durch Alfred Neven DuMont eine individuelle Färbung getragen:
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Wen soll ich jetzt persönlich angreifen, wenn mal wieder ein Kölner Dombaumeister von der Katholenklique weggemobbt wird?
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Deshalb möchte ich hier als Sonderbeitrag zum Kurznachruf auf Alfred Neven DuMont eine Insider-Story zum Besten und zur ehrenden Erinnerung an den dadurch weiter lebenden mitteilen:
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„Alfred Neven DuMont erhielt einen erbosten Telefonanruf von Alphons Silbermann und griff korrigierend in die Redaktion des KÖLNER STADT-ANZEIGERS ein:
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Alfred Neven DuMont war – etwa im Jahre 1970 – mit dem weltberühmten Kölner Medienwissenschaftler Prof. Dr. Alphons Silbermann kurz und hart zusammengeprallt.
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Als die Stadt Köln und die Universität zu Köln, dem großen Kölner Silbermann, kurz nach dessen Tod im Jahr 2000, als ehrende Erinnerung den Universitätsweg als Alphons-Silbermann-Weg widmete, verhinderte Neven DuMont das nicht:
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„(Seite 458 … Im Augenblick bereitet er sich auf die fällig gewordene Flugfahrt zum Besuch des Vaters und seiner Latifundien in Sydney vor. Es ist Freitagvormittag an einem der in Köln seltenen wohligen Sommertage, und nachdem er dem zu dieser Jahreszeit in Australien regierenden Winter entsprechend die Koffer mit dickem Zeug angefüllt hat, wendet er sich dem Morgenkaffee nebst Lektüre des Lokalblattes des „Kölner Stadt-Anzeigers“, zu. Bei der im allgemeinen mit wenig anreißerischen Schlagzeilen versehenen Feuilleton angelangt, brüllt ihm in fetter Letternschrift sein Name mit dem Zusatz „muß Universität Lausanne verlassen“ entgegen. Dreimal liest er den darunterstehenden, spaltenlangen, mit einer Diffamation nach der anderen gespickten Artikel durch und glaubt sich auf den Mond versetzt: Jahrelang habe man sich an der Universität Lausanne mit seiner Unfähigkeit und seinen Untugenden als Lehrer, Forscher, Verwalter abgefunden, bis das Faß übergelaufen sei, der Rausschmiß erfolgte und der Nichtskönner nunmehr an die Kölner Universität zurückgekehrt sei. Seine Haare haben kaum Zeit sich zu sträuben, und schon klingelt das Telefon: Hast du den Stadt-Anzeiger gelesen? Was wirst du tun?“ fragen ihn wohlgesinnte Freunde einer nach dem anderen. Dem Rat des Theaterkritikers Wilhelm Unger folgend, eines liebenswerten Menschen, der ebenso wie er durch die Mangel von Verfolgung und Emigration gedreht worden ist, ruft er den ihm bekannten Verleger des „Stadt-Anzeigers“, Alfred Neven DuMont, in dessen Privatwohnung an. Der hatte noch nicht in sein Blättchen geblickt, dann aber bittet er ihn mit entsetzten „Um Gottes-willen“-Ausrufen am Frühnachmittag ins Verlagshaus, um die Angelegenheit zu besprechen. Gesagt, getan, jedoch nicht ohne Anwalt. Der Rechtsgelehrte Professor Ulrich Klug, mit dem er seit der Zeit des erlösenden Eingreifens in die unerquickliche Engel-Affäre* freundschaftliche Beziehungen pflegt, erklärte sich sofort bereit, ihm zur Seite zu stehen,
Sie betreten ein Konferenzzimmer, wo sie von einer aus Verleger, Justitiar, Chef-, Lokal- und Feuilletonredakteur und anderen Tageszeitungsverfertigern bestehende Korona mit frostigen Gesichtern erwartet werden. Ohne weitere Präliminarien legt Silbermann hasig zusammengesuchte Unterlagen auf den Tisch: Ernennungs-und Entlassungsurkunde, offizielle Dankschreiben, sein Verlassen der Universität Lausane bedauernde Zeitungsartikel, ein Bündel seiner Schriften und Bücher und was ihm sonst noch in seine vor Wut und bitteren Zukunftsvisionen zitternden Hände gefallen ist. Ohne rhetorisches und pathetisches Drum und Dran erklären sein Rechtsanwalt Professor Klug und er, daß sie die Zeitung wegen nachweislicher Verleumdung auf Schadensersatz in Höhe von einhundertfünfzigtausend Mark verklagen werden. Inzwischen haben die Herren das Sammelsurium von Dokumenten angeblättert, doch kein Wörtchen einer verteidigenden Gegenrede läßt sich hören. Spricht der versierte Verleger, sich an den Feuilletonchef wendend: „Wo haben Sie den Artikelh her, wer ist der Verfasser, haben Sie selbst recherchiert?“. Hierauf stottert sich der Angesprochene etwas zusammen, spricht von einem gelegentlichen in Genf ansässigen Korrespondenten, den er persönlich nicht kenne, und drückt sich höchst ungeschickt um die Frage nach der publizistischen Verantwortung, nämlich des Recherchierens, herum. Niemand, auch nicht Alphons Silbermann, hat je von dem Verbreiter der absonderlichen Diskreditierungsgeschichte gehört. Wer oder was steckt hinter dieser unwahrscheinlichen Insiderstory? Eine treffende, vom sichtlich unangenehm berührten Verleger aufgeworfene Frage, ungeschickt die Unterhandlung in Richtung Exkulpation zu lenken. Während der dämliche Feuilletonverantwortliche zum Telefon beordert wird, um bei seinem Freundchen in Genf die Informationsquelle zu erfahren, wird Silbermann als Vorschlag zur Wiederherstellung seiner Ehre die Bereitschaft der Veröffentlichung eines Dementis unterbreitet, zu dem er weder ja noch nein sagt. Er kann sich nicht ausdenken, wem er so heftig auf die Füße getreten ist, daß man ihn mit diesem infamen Schmutz bewirft. Zurück im Konferenzzimmer berichtet der duckmäuserische Pflichtverletzer, daß sein Korrespondent den Artikel aufgrund eines Gesprächs verfasst habe, zu dem ihn ein früherer Mitarbeiter von Professor Silbermann, der Privatdozent Doktor Heinz Otto Luthe von der Universität Lausanne, aufgefordert habe. Dessen Aussagen hätten so glaubwürdig geklungen, dass er weitere Nachforschungen für nicht notwendig erachtet habe … Wahrlich eine schöne Suppe, die ihm da der zum Privatdozenten und Geschäftsführer des Lausanner Instituts herangezogene Neidhammel eingebrockt hat! Jetzt ist es an ihm, der versammelten Runde den ganzen Rummel zu schildern, der ihn bewogen hat, seinen Lausanner Posten dranzugeben.
Dies getan, kommt wieder der Vorschlag einer ihm nach dem Pressegesetz zustehenden Berichtigung auf den Tisch, über den er sich mit dem ihn begleitenden Rechtskundigen berät. Es bedarf keines langen Überzeugungspalavers, um einzusehen, dass eine sofortige Richtigstellung der belastenden Verunglimpfungen für sein Ansehen vollwertiger ist, als ein langwieriger, sich hinter Gerichtstüren abspielender Prozeßgang durch alle Instanzen. Also erklärt er sich mit der Veröffentlichung einer Berichtigung einverstanden; allerdings nicht bedingungslos. Der beschlagene Medienfachmann weiß nur allzu gut, dass die üblichen Richtigstellungen nichts weiter als floskelhafte, in irgendeiner Ecke des Presseobjekts versteckte Kurznotizen sind, auf dass sie nur nach längerer Suchaktion zur Kenntnis genommen werden können. Dieses billige Spielchen wird er nicht mitmachen. Er verlangt für die Ausgabe des nächsten Tages einen Artikel, der in gleichen Drucktypen, in der gleichen Länge und an der gleichen Stelle Verleumduung nach Verleumdung richtigstellt, und obendrein, unter die Schlagzeile gesetzt, eine ausführliche Entschuldigung des Verlags für den ihm angetanen Tort. Das Manuskript wünschen er und Professor Klug vor Drucklegung einzusehen. Und so geschieht es denn: In der weitverbreiteten Samstagsausgabe erscheint, vom unachtsamen Feuilletonchef verfasst, das erschöpfende Gegenbild zu den verräterischen Aufhetzungen; darüber abgedruckt eine selbstanklägerische Entschuldigung für den publizistischen Fauxpas, die ebensoviel Aufsehen erregt wie der ganze Vorgang. Sie muß dem Zeitungseigentümer – heute noch einer seiner ihn freundlich begrüßenden Bekannten – seine hundertfünfzigtausend Mark wert gewesen sein.
Die unter dem Zeichen der Schadensbeseitigung stehende, bruchfest geformte Flurbereinigung mit ihren befremdenden Mechanismen geht an ihm nicht spurlos vorüber. Der hohe Stellenwert seiner Selbstverwirklichung ist so sehr ins Schleudern geraten, dass er vermeint, vom hohen Roß gestürzt zu sein. Dennoch stimmt er keine Klagegesänge an, noch ist ihm die erduldete Erschütterung Anlass zu anteiligem Umdenken mit bezug auf seinen Zukunftsumriss. Schließlich ist dies nicht der erste Schock, den er in seinem Leben erfahren hat, und auch dieser wird ihn nicht in den Abgrund zwischen Skeptizismus und Utopie treiben. Unabwieisbar drängt sich ihm ein Gemisch von Kopflastigekeiten auf, als da sind: Undank ist der Welten Lohn; die Rache ist mein; Tor sein müssen mit den Törichten; tapfer handelt, wer Unrecht erträgt; und dergleiche epigrammatischer Trostspender mehr. Doch letztendlich, nach ein oder zwei schlaflosen Nächten, erklimmt er wieder die Stufen der praktischen Vernunft. Er klammert sich an zwei Praxisnormen, die er als Handlungsanleitungen und Legitimationsgrundlage mehr als einmal in seinen Vorlesungen abgehandelt hat: Publizistik, ob gut oder schlecht, ruft Bekanntheit hervor; Nachrichten von heute sind Nachrichten von morgen. Nur eines beunruhigt ihn noch: soll er den Vorfall erwähnen oder verschweigen, wenn er binnen der nächsten Tage dem Vater in Sydney gegenübertritt? Sein Aufrichtigkeitsempfinden kämpft gegen unnütze Verletzlichkeit an.“
(aus „VERWANDLUNGEN“ Autobiografie von Alphons Silbermann (1909-2000), Gustav Lübbe Verlag Bergisch-Gladbach 1989)
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Alfred Neven DuMont „konnte auch gönnen“, wie man in Köln sagt.
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