Lichtgeschwindigkeit 4848
am Mittwoch, 3. September 2014
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Es gibt von Alt-Kanzler Dr. Helmut Kohl (CDU) publizierte Erinnerungen in mehreren Bänden. Kritiker haben daran allerhand absichtlicher Falschdarstellungen, Weglassungen und Beschönigungen nachgewiesen. Des ungeachtet sind solche Aufzeichnungen reich an Material und aus meiner Sicht immer interessant zu kennen.
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Seit Längerem streitet Kohl mit seinem Ghostwriter Heribert Schwan, mir als langjähriger bewährter Journalist des Deutschlandfunks Köln gut bekannt, vor Gericht.
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Der Streit geht um 200 Tonbänder mit den Lebenserinnerungen von Altkanzler Helmut Kohl, die Kohl und Schwan gemeinsam in vielen vielen Stunden gemeinsam diskutiert, erstellt und aufgenommen haben
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Nachdem das Oberlandesgericht Köln die Rechte an Eigentum und Besitz der Bänder Kohl zugesprochen hatte, hat Heribert Schwan jetzt angekündigt, vor dem Bundesgerichtshof in Revision zu gehen. Schwan will die Bänder ebenfalls mit eigenem Recht verwenden dürfen. Abzuwarten ist, wie der Revisionsantrag begründet wird und ob die Revision zugelassen werden wird.
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Dietmar Moews meint: Die bislang bekannte Argumentation von Heribert Schwan gegen Kohl, dass er, Schwan, die Tonbänder beschafft und dass er den CDU-Politiker befragt habe, scheint mir zu schmal zu sein.
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Die Argumentation müsste den Grundsatz des Gemeinschaftswerkes zuspitzen, damit die Entscheidungsqualität deutlicher werden kann, sofern die bisherige Rechtsprechung hier Kohl als Urheber betrachtet. Die lautet:
„Die Gespräche, die Schwan mit dem früheren Bundeskanzler geführt habe, seien „in keiner Weise mit einem Interview vergleichbar“ (dpa bei K St-A, am 3. September 2014).
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Das aber ist zunächst eine Verschiebung der Argumentation und des strittigen Punktes. Wenn der Vergleich zur Urheberrechtslage, mit der Rechtedisposition bei einem Interview gezogen wird, den das Gericht hier vom Grundsatz her verneint hat, wäre zu klären, dass der Urheber derjenige ist, der das Werk hervorbringt bzw. holt: Urheber ist in jedem Falle der Interviewer. Ansonsten könnte der Interviewte seine Erinnerungen allein und selbständig hervorbringen.
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Demnach müsste eine höchste Klage (Bundesgerichtshof) verfolgt und beschieden werden, zu den Fragen: Was ist ein Interview? und wie verhält sich dabei die Urheberschaft mit Blick auf das Urheberrecht?
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Meiner Meinung nach hätte das Urteil die Fragen, wer ist der Urheber und wer hat welche Rechte zu welchen Anteilen? zu berücksichtigen. Im hier strittigen Fall handelt es sich zweifelsfrei um eine Kollektivleistung von Kohl und Schwan gemeinsam. Möglicherweise entstand diese gegenseitig umstrittene Anteiligkeit der Urheberschaft aus der Kollektivleistung. Das mag zur Entscheidung anstehen.
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Wir kennen Urhebergemeinschaften in der Pop-Musik wie „Lennon-McCartney“, die gegenüber der Verwertungsrechtsfrage und dem unveräußerlichen Urhebernamen stets zu gleichen Teilen figurieren.
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Während die Autorenschaft bei beinahe allen Lennon-McCartney-Songs aus unterschiedlichen Einzelbeiträgen und auch aus konkretem Gemeinschaftsschaffen entstanden – und immer wurden dann fertige Songs vollgültig als Lennon-McCartney publiziert – egal, wer den Text, ein Motiv, eine Melodie, eine Brücke oder einen Taktwechsel eingebracht hatte.
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Hier im Falle Kohl-Schwan besteht das urheberrechtlich fragliche Werk – ein erarbeiteter Text, der aus zweierlei Quellen gespeist worden ist , nämlich von Kohl, von Schwan und von beiden gleichzeitig gemeinsam.
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Dabei ist keineswegs allein, weil es um Kohls Erinnerungen geht, der Text auf den Tonbändern eine Niederschrift dessen konkrete oder aus dem Gedächtnis heraufgeholten Inhalten. Sondern erst wenn es von Kohl Hand eine literarische Form, „Erinnerungen“ genannt, wurde, ist er Urheber im Sinne des Urheberrechtes.
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Schwan ginge nur dann als Miturheber leer aus, wenn er von Kohl per Dienstleistungs- oder Werkvertrag definitiv eingekauft worden wäre.
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Ansonsten würden die Tonbandtexte Schwan gehören, selbst wenn sie in freiem Miteinander durchaus auch von Kohl und Schwan gemeinsam erzeugt worden wären, z. B. wenn Kohl persönlich überhaupt keinerlei eigene Gedächtnisleistungen mehr hervor- und einzubringen vermocht hätte;
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Andererseits der jüngere Heribert Schwan, als einer der wichtigen Kohl-Insider, möglicher weise die gesamten Tonband-Erinnerungen durch seine eigene persönliche Gedächtnis und Erinnerungsarbeit rausgebracht haben könnte.
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Zwar kommt es zu einer solchen substantiierten Beurteilung zur Frage, wer ist im Sinne des Urheberrechtes der Urheber des Textes auf den Tonbändern? Auf die konkrete Textprüfung und die Beweislage – immer des Klägers – an (hier steht derzeit Aussage gegen Aussage.
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Entscheidend ist aber, dass Kohl seine Erinnerungen ohne die individuellen geistigen Leistungen des Co-Autors Heribert Schwan nicht zu diesen Tonband-Texten hätte hervorbringen können. Der Autor Schwan ist ein unabdingbarer Schöpfer und Quelle des Werkes und damit Urheber im Sinne des Gesetzes.
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Im Sinne der Relevanz solcher Erinnerungen kommt beiden Urhebern an den Textaufnahmen, Kohl und Schwan, das Urheberrecht sowohl hinsichtlich der Verwertungskompetenz und der Entgeltungsansprüche, wie aber auch hinsichtlich der hier scheinbar gegenständlichen Deutungshoheit. Hier zielt die junge zweite Ehefrau von Kohl auf das ihr von Kohl inzwischen übertragenen Bestimmungsrecht, die den Autor Schwan von der Deutung und Verwertung der Texte vollkommen ausschließen will.
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Das ist angesichts der Gemeinschaftsarbeit, diese Erinnerungen auf die Tonbänder zu sprechen, vollkommen unbillig gegenüber Heribert Schwan – der ebenfalls eine Autoren-Person der Zeitgeschichte ist. Während die nachgeheiratete Frau Kohl lediglich eine juristische Nachfolgerin von Kohl ist. Sie ist selbst keineswegs eine Person der Zeitgeschichte im Sinne Kohls Urheberschaft, die eine eigene Deutungskompetenz in Kohls Recht hat. Sie ist lediglich Erbin der Folgerechte des vermeintlichen Teilurhebers Kohl.
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So wie Kohls Erinnerungen und sein Gedächtnis an sein Leben Kohl unveräußerlich zu Eigentum sind, so sind seine „Erinnerungen“ als unter diesem Titel publizierten Buchbänden inhaltlich hinsichtlich der Textfassung ebenfalls Kohls Eigentum. Auch sämtliche von Kohl hierzu eingekauften Hilfen und abgegoltenen Dienstleistungen, Lektoren, Rechercheure, Archivarbeit usw. sind durch Verträge in Kohls urheberrechtlichem Eigentum eingegangen, aber es generieren sich auf diesem Wege keine eigenen gesonderten Urheberrechte für Zuarbeiter.
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Die hier strittigen 200 Tonbandtexte allerdings sind ein eigenes Autorenwerk der Arbeitsgemeinschaft Kohl/Schwan, aus der weder Kohl Schwan noch Schwan Kohl rausschmeißen können – es ist eine interaktive, interdependierende kollektive Autorenschaft, die ohne die Mitwirkung beider nicht, insbesondere so nicht, hätte entstehen können.
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Es wäre schlicht komisch, wenn Heribert Schwan aus seinem Gemeinschafts-Werk von einem Erben der kohlanteiligen Rechte durch Gerichtsentscheid ausgeschlossen werden könnte.
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Entscheidend sind schließlich die rechtlichen Positionen von Kohl und Schwan vor, während und nach der Gemeinschaftsarbeit: Hatte Kohl vor Arbeitsbeginn Schwan unter einen Dienstleistungsvertrag in der Art eines „Ghostwriters“ gebracht und entgolten (wann gezahlt, wie viel? Quittung? Vertrag?), hätte Kohl die Rechte alleine. Hätte Schwan Kohl unter einen Interview-Vertrag genommen, wären die Rechte bei Schwan alleine.
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Oder haben beide, wie Schwan es sagt, ihre rollengeteilte Werk-Gemeinschaft hinsichtlich der vormaligen gemeinsamen politischen Hintergrund-Arbeit in einen Tonband-Erinnerungstext gebracht, der folglich beiden gehört.
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Während der Tonbandtext von Schwan-Kohl nachher von Kohl samt Verlagslektor in die sogenannten eigenen „Erinnerungen“-Bände weiterverarbeitet worden ist – sind damit für diese „Erinnerungen“ neue Kohlrechte geschöpft worden. Die gemeinsamen Tonbandtexte bleiben davon rechtlich unberührt.
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Es dürfte Heribert Schwan im eigenen Namen, eigene „Erinnerungen“ aus den Tonbandtexten generieren, ohne dass Kohl daran oder dagegen Ansprüche stellen dürfte. Während wenn Schwan sich an die von Kohl publizierten „Kohl-Erinnerungsbände“ halten müsste, ohne die eigenen Tonbandtexte als Arbeitsgrundlage benutzen zu können, wäre das eine verkohlte Sekundärquelle im Unterschied zum Kohl/Schwan-Gemeinschafts-Konvolut.
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