LICHTGESCHWINDIGKEIT 484
GRAUSAMKEITEN 7th 24th LIFE IN A DAY am U-Bahn-Eingang
BUNDESTAG in BERLIN mit einer kurzen LESUNG aus PRINZIP
DER GRAUSAMKEIT des CLEMÉNT ROSSET von dem Kölner
Philosophen GÜNTER SCHULTE. Ferner wird ein neuinstalliertes
Gestaltungselement am Dach der Schweizer Botschaft angemerkt:
Matterhorn als Anspielung zur verosteten Hungerharke von Chilida
am Kanzleramt?
Dietmarmoews meint: Diese Aufnahme im Berliner Regierungsviertel
fand zeitgleich zum Duisburger LOVE-PARADE-Unglück, als dieses
noch nicht bekannt war. Schreie, Angst, Panik! Tausende Menschen
prallten zusammen, viele wurden zerquetscht, kippten in dem
Gedränge um, stürzten von einer Treppe, versuchten an den s
enkrechten Betonwänden hochzuklettern, mussten von Sanitätern
reanimiert werden. Bereits zwei Stunden vor der Panik waren
zehntausende Besucher, die auf das Partygelände wollten, eingesperrt.
Die Ordner durften die Schleuse nicht öffnen. Es drängten immer
mehr von hinten nach.
Am Tag danach standen inzwischen 19 Todesopfer und ca. 340 V
erletzte fest. Die Verantwortlichen nehmen nicht Stellung, weil die
Staatsanwaltschaft untersucht; es gibt bereits mehrere Strafanzeigen,
vermutlich von Nebenklägern, z. B. von einem Feuerwehrmann,
der die Organisatoren vorher über diese Todesfalle gewarnt hatte.
Clemént Rossets Prinzip der Grausamkeit findet hier eine hellsichtige
Parallelität. Die Wirklichkeit ist undiskutabel und unbestreitbar,
wenns grausam wird. Grausamkeit empfindet der Mensch als
Wahrheit und die ist idiotisch. Denn man kann sie nur umarmen.
Die Todesopfer in Pakistan, in Afghanistan und in Duisburg sind
idiotisch. Die Zweckrationalität des Einzelnen und seiner einzelnen
kritischen Urteilskraft vermögen Leben dann nicht zu retten oder
zu bewahren, wenn es nicht gelingt, daraus eine soziale
Verhaltensweise zu bestimmen, wie am Duisburger Partyeingang.
Die praktische Vernunft des Einzelnen müsste bereits ohne Kenntnis
der praktischen örtlichen Gelegenheiten davon abhalten überhaupt
sich auf den Weg zu einem solchen Love-Parade-Party-Geländes zu
begeben. Man müsste schon mit Skepsis daran zweifeln, dass
verantwortliche Organisatoren keinesfalls eine solche Eingangsfalle
einrichten. Man müsste die unverantwortliche Idiotie für möglich
halten, die Absurdität solcher Unverantwortung durch Fernbleiben
vorwegnehmen. Während der Kulturhauptstadt-Intendant Fritz
Pleitgen/SPD gestern bereits erklärte, er fühle sich verantwortlich
für das Unglück, findet keiner der Hauptverantwortlichen die
passenden Verhaltensweise, außer mauern.
Hiergegen ist das verostete Chilida-Stahlobjekt vor dem
Bundeskanzleramt nun, ganz wie Arsch auf Eimer, von einer
Matterhorn-Silhouette auf der Schweizer Botschaft ergänzt. Da wird’s
nun unpathetisch-idiotisch. Die Schweiz macht das, damit ich hier
darüber schreibe. Da findet sich ein geistiger Bezug zwischen
Lichtgeschwindigkeit, Staatspathos und Grausamkeiten.
Produktion, Idee, Autor, Direktion, Dr. Dietmar Moews;
Aufnahmetechnik und Admin, Piratencrew Berlin