ADOLF EICHMANN & HANNAH ARENDT & MS. STANGNETH

Lichtgeschwindigkeit 4933

am Freitag, 26. September 2014

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Eichmann in Jerusalem 1961

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Als Beilage der Süddeutschen Zeitung vom Freitag, 26. September 2014 erschien eine NEW YORK TIMES INTERNATIONAL Weekly. Auf Seite 6 schreibt Jennifer Schuessler „Study of Eichmann upends The Banality of Evil Theory“.

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More than 50 years after its publication, Hannah Arendt’s „Eichmann in Jerusalem“ remains controversal, racking up a long list of critics who continue to pick apart her depiction of the Nazi war criminal Adolf Eichmann as an exemplar of the banality of evil,“ a bloodless, nearly mindless bureaucrat who never realized what he was doing.“

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Bettina Stangneth, the author of „Eichmann Before Jerusalem: The Unexamined Life of a Mass Murderer,“ published in an English translation recently by Alfred A. Knopf, did not aim to join those critics. An independent philosopher based in Hamburg, she was interested in the nature of lies, and set out around 2000 to write a study of Eichmann the Third Reich’s head of Jewish affairs, who was tried in Israel in 1961, in light of material that has emerged in recent decades.

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Then while reading through the memoirs and others testimony Eichmann produced while in hiding in Argentina after the war, Ms. Stangneth came across a long note he wrote, dismissing the moral philosophy of Immanuel Kant, that seemed to contradict Arendt’s notion of Eichmann’s inability to think.“

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I was totally shocked,“ Ms. Stangneth said, „I could not believe this man was able to write something like that.“

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„We live in a free Country“ (Alphons Silbermann)

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Dietmar Moews meint: Ich bestätige Hannah Arendts These der Banalität und bestreite die Darstellung von Bettina Stangneth:

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Frau Stangneth macht eine semantische Textanalyse, deren Belastbarkeit mangels Verifikation der „Original-Eichmann-Texte“ nicht trägt, sofern damit Hannah Arendts sinnliche Beobachtung des gesamten Prozessverlaufes in Frage gebracht werden soll. Auch hierzu zitiert Stangneth einen Text: Hannah Arendt „Eichmann in Jerusalem“ und interpretiert schlicht falsch, nämlich wie folgt:.

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Arendts Beschreibung („depiction) ist keine „Theorie“ einer „Banalität des Bösen“ als Induktion von diesem Fall Eichmann bezogen. Die Beschreibung  Hannah Arendt darf deshalb auch von der Sekundärliteratin Stangneth nicht darüber hinweg, als „Theorie“ für einen schwachsinnigen noch als harmlosen Eichmann („upending“) bewertet werden.

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Im Gegenteil: Arendt war von der Ehrlichkeit des Angeklagten überzeugt und auch von dessen unzweifelbarer Motivation und Anstrengung, ein möglichst deutliches Bild von seiner Bewusstseinslage zu geben. Eichmann hat sein Verhalten in der Massenmörder-Organisation weder geschmälert noch verharmlost.

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Eichmann hat in Arendts Augen – und das ist ja in diesem Falle des BÖSEN die Sicht Hannah Arendts – in aller Klarheit und tödlichen Einsicht gezeigt, dass es eine philosophische Spielart der Banalität, des banalen Verhaltens gibt.

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Es kann doch nicht übersehen werden, wenn Quellen zitiert werden, nach denen Autorin Stangneth erkannt zu haben meint, dass Eichmann in Buenos Aires Texte zu und über Immanuel Kants „Moralgebot aus Naturerkenntnis“ vermochte, sich aber selbst als Judenvernichter nicht darum kümmerte, weil hierzu die Effizienz zum Gelingen der Organisationsziele vorrangig waren.

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Dass gerade hierauf den Schluss stellen zu wollen, dass es nicht eine „Banalität des Bösen“ war, sondern, was? eine einfache intelligente Bösheit oder Blödheit? – wohl nicht geeignet ist, der sinnlichen Sicht Hannah Arendts an Seinsbindung nahe zu kommen.

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Insofern ist schwer zu verstehen, warum gerade Arendts „Theorie“ Upends – statt gerade aus der verfügbaren Intelligenz des „Moralphilosophen Eichmann“ und seiner jahrelangen Massenmord-Beteiligung auf einfache abgrundtiefe Bösheit zu erkennen. Frau Stangneth wirkt, wie banale Arschkriecherei in die Ärsche derjenigen, die Hannah Arendt beseitigen wollen – zumindest aus wissenschaftlicher Sicht ist das nicht tragfähig.

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Während Eichmann durchaus über anspruchsvolle Urteilskraft zur Moral des Täters verfügen kann, setzt sein kritisches Denken nicht ein, die Moral und Effizienz des Tötens zu integrieren. Eichmann ist zum Töten entschieden gewesen – er stellte das im Jahr 1961 im Prozess in Jerusalem unzweifelhaft dar – seinem Todesurteil entgegensehend.

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Auch in dieser Beziehung glaubte Hannah Arendt, dass Eichmann in seinen Antworten, seine Mörder-Organisatorenrolle zu beschreiben, nicht intendierte, seine Strafe im Sinne der Anklage mildern zu können oder zu wollen, aber wiederum in denkerischer Klarheit sein Räsonnement als Täter zum eigenen Handeln, zu den eigenen Taten, aussagte, um dafür die Todesstrafe hinnehmen zu müssen. Dieses machte eben diese Banalität des Bösen, im Sinne Hannah Arendts aus: Weil hier das Leben, der Lebende rücksichtslos – ohne Hirnrisse – gegen das eigene Leben aussagte.

Und das geschah aber nach Hannah Arendt nicht im Sinne einer Selbstbeurteilung des Eichmann, etwa:

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Weil ich Massenmörder Adolf-Nazi-Eichmann war und moralisch schuldig bzw. unwert zu leben geworden war, muss ich jetzt auch mein eigenes Todesurteil – aus dem Fairness-Gebot heraus – fordern. Nein – auch seine gewissenhaften intelligenten Antworten und erklärenden Ausführungen basierten nicht auf moralischer Erwägung, sondern können als „Jenseits von Gut und Böse“ (also nicht „Diesseits von Gut und Böse“) verstanden werden, während der Tod der unzähligen unschuldigen Opfer, wie auch sein eigener bevorstehender Tod, Eichmann nicht irritierte oder zum In-Sich-gehen bewegte, sondern er tat was er konnte. (D. M. Ich habe selbst die gesammelten Filmaufnahmen des Prozesses stundenlang angeschaut – und habe es gefunden, sehr ähnlich wie es Hannah Arendt im „The New Yorker“ beschrieb).

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Hannah Arendt beschrieb und interpretierte den Nazi-Massenmörder Adolf Eichmann während des gesamten Prozess-Verlaufes im Jahr 1961, der auf die Hinrichtung Eichmanns ausgerichtet war.

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Arendt, US-Bürgerin, deutsche Jüdin (geb. 1906 in Hannover, gest. 1975 in New York), selbst Naziverfolgte und Kant & Heidegger-Philosophin der kritischen Urteilskraft, beobachtete im Auftrag der Wochenzeitschrift „The New Yorker“ den todgeweihten Eichmann, wie er sich im Prozess im Gerichtssaal verhielt, wie und was er antwortete und erklärte.

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Hannah Arendt veröffentlichte ihre Anschauung und Interpretation unverzüglich als Essay mit dem Titel „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen“.

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Das Echo, damals in den 1960er Jahren in USA und in Israel auf Hannah Arendts Bericht, war lauteste Empörung.

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Aus Sicht der Kritiker hatte Arendt statt einer moralischen Totalverurteilung Eichmanns, der zu Staub zu zerreiben sei, eine Art „Krankengeschichte“ verfasst, so nach dem Motto „Eichmann war nicht Satan, sondern eine deviante Person, ein anthropologischer Sonderling, der noch bei seiner eigenen Vernichtung genauso penibel und sorgfältig vorging wie bei seiner persönlichen Massenmörderei“.

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Arendt stellte also Eichmann als Sonderling heraus: Statt ihn als Verkörperung des voraussetzungslos Bösen zu verurteilen, fasste sie Eichmann in Jerusalem mit seinen Aussagen zu Eichmann im Dritten Reich als ein Ereignis „der Banalität“ hin, in seinem Fall als „Banalität des Bösen“.

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Wir sparen uns weitere Exploration zur Banalität des Guten, Banalität des Schönen, Banalität der Angst und so weiter. Die Durchdeklination solcher Banalitäten erweist sofort, welch originelle soziologisch-anthropologisch-empirische Darlegung wir in Wirklichkeit Hannah Arendt zu verdanken haben.

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Dagegen gibt die Ms. Stangneth lediglich mal wieder „dem Affen Zucker“. Da will also die New York Times durch diese Publikation jetzt ultimativ jener „Nestbeschmutzerin des jüdischen Kollektivschicksals“ (auch intelligente Mitglieder, wie Hannah Arendt zu haben) den Garaus machen: „…to contradict Arendts notion of Eichmann …“.

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Ms. Stangneth wäre ganz nahe dran, Hannah Arendts geniale soziologische Interpretation verstehen zu können, würde sie nur den abschließenden Satz in Jennifer Schuesslers NYT-Artikel „Study of Eichmann Upends The Banality of Evil Theory“ vertieft durchdenken:

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Hannah Arendt schrieb von „Banalität des Bösen“ und nicht von „Theory der Banalität des Bösen“ und Jennifer Schuessler interpretiert Ms. Stangneth also: „As a philosopher, you want to protect thinking as something beautiful,“ she said. „You don’t want to think that someone who is able to think does not also love it.“

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Und nun sind die Neuanhänger der Ms. Stangneth in einer eigenen Banalität des Blöden verfangen:

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Wie wäre es denn möglich, dass hirnrissige Menschen das Dritte Reich hätten organisieren können, diese Effizienz auf die Beine zu stellen?

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Und indem das geschah, wie wäre es vorstellbar, so vollkommen an der Menschlichkeit völlig vorbei – um deret Willen eine völkische Motivation und Mobilisierung noch nie gekannter Art aufgezogen worden war – Menschen aufs Niederträchtigste auszugrenzen und auszurotten?

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Hannah Arendt hat nicht gefragt oder in Frage gestellt, dass das Böse böse war. Arendt hat versucht aus dem sinnlichen Miterleben im Prozess, wie intelligente traumatisierte Menschen in deutscher Sprache die durchorganisierten Massenmorde durchleuchteten, zerlegten, um Klarheit suchten. Sie hat erlebt, dass und wie Eichmann erklärte: „I cannot tell you anything else, for it is the truth! – why should I deny it?“

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