Lichtgeschwindigkeit 4736
am Samstag, 2. August 2014
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Das liebe ich: Kurz und knackig: Im Jahr 2012 erschien nach diversen akademischen Insider-Klüngeleien das MANIFESTO DEL NUOVO REALISMO des Turiner Professors für Philosophie, Maurizio Ferraris. Der deutsche Titel erschien im Jahr 2014 bei Klostermann – es heißt: Manifest des neuen Realismus.
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Da hier jemand im Jahr 2012 mit Denkansätzen der NEUEN SINNLICHKEIT (seit 1979 von Dietmar Moews) herausgeplatzt ist, dabei nicht ausreichend Federlesen machte, finde ich das schon mindestens so ehrenrührig, wie den Hafenmeister im hannoverschen Landwirtschaftsministerium, der jetzt auf der Mole am Hafen von Insel Norderney sein Namensschild aufgestellt bekam „Hansen-Damm“ (später war Hansen Staatssektretär im zuständigen Niedersächsischen Ministeriums für Landwirtschaft), wo es doch Moews-Damm heißen müsste – denn Dietmar Moews hat den Hafen entwickelt. Ohne ihn stünde das Hansenschild jetzt direkt im Wasser, weil die Mole einer Untersuchung und Planung von Moews entsprungen ist.
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Nun also die Neue Sinnlichkeit, seit 1979, aber im Manifest des neuen Realismus, 2012 – Ferraris hat den Postmodernen Wechselpunkt 1979 einfach verpasst (da war er noch zu jung?):
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Eine Randbemerkung schon voran: Maurizio Ferraris macht, was sehr viele unredliche Philosophie- und Modeschreiber machen – er zitiert und interpretiert Friedrich Nietzsche.
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Nur, aus Hochstapelei und Name-Dropping oder mangels Nietzsche-Kenntnis, bedient Ferraris sich in den umfangreichen nachgelassenen Texten sowie dem sogenannten „Wille zur Macht“ aus der „Kritischen Studienausgabe Friedrich Nietzsche“ De Gruyter / DTV, wie mit Kaufrausch im Selbstbedienungsladen und das ist immer vollkommen Mist. Es gibt nicht „Der Wille zur Macht“ von Nietzsche. Das ist von Nietzsche klar verworfen worden und nicht aus dem Nachlass ohne Klarstellung herauszukramen.
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Nietzsche hat lediglich eine kleine Anzahl eigener Werke, die er als Philosoph gelten lassen wollte. Es sind sämtlich Bücher als auf eigene private Kasse publizierte Kleinauflagen, die er persönlich im Direktversand an ausgewählte Leute verteilte.
Die letzten gültigen Werke, vom 44-jährigen Nietzsche, im Jahr 1888 sind: „Ecce Homo“ (Autobiografie), „Jenseits von Gut und Böse“ (über Moral) und der „Antichrist“. Man muss noch die publizierten Briefkorrespondenzen und Musikkompositionsangelegenheiten mit hinzuziehen (es gibt eine kleine Handskizze vom Hochgebirge des Reisenietzsche – zwischen 1879 und 1888) sowie die Bezeugungen, vorrangig Franz Overbeck, den Nietzsche sehr achtete.
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Ganz verkürzt gesagt, haben wir lediglich mit den Texten aus dem letzten Jahr, 1888, gültige Ansagen – das betrifft Moralfragen und Religion.
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Faszinierend und einzigartig ist die aphoristische Schreibkunst. Nietzsche schreibt das beste Deutsch überhaupt – Heine und Hölderlin, unsere Helden, haben weniger bzw. Konventionelleres zu sagen. Nur die allgemeine Verpitbullung macht begreiflich, dass und wie so viele Honigsauger in Nietzsches Notizen herumfummeln.
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Während die nachgelassenen stets so genannten Schriften Nietzsches ausdrücklich und zweifellos Aufzeichnungen, Notate und Notizen und nur selten Ansätze zu Werken sind. Alles was Nietzsche sich handschriftlich notierte, tat er in eine Art „Werkzeugkasten“ (eine Reise-Bücherkiste). Nur waren das überhaupt nicht seine Texte. Es waren überwiegend auch nicht seine Auffassungen oder seine Meinungen ausgedrückt. Nun wird auch von Professor Ferraris so getan, als handele es sich dabei um Meisterdenken, das lediglich noch nicht gedruckt war. Es ist – ganz klar – Dünnbrettbohrerei.
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Es war eben anders: Nietzsche exzerpierte einfach Alles mögliche, was er interessant fand, auch was das Gegenteil aussagte, von dem was Nietzsche selbst für richtig hielt, witzig oder traurig fand. (Ich bitte, meine Zeitungsausschnitte zu Adorno und Habermas nicht mir inhaltlich unterzuschieben).
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So wissen wir heute aus der Nietzsche-Philologie, dass Nietzsche die bunten Blätter, Digests und Illustrierten seiner Zeit eifrig nutzte. Er bezog daraus Themen der Zeit, Moden und Querverweise übernahm. Nietzsche nutzte lebhaft die Illustrierten, für buntes Halbwissen, dass er keineswegs aus eigener Primärlektüre bezog oder kannte. (Nietzsche konnte wegen Fastblindheit kaum lesen und las wenig). Nietzsche kannte selbst z. B. Kant nicht primär sondern aus der mehrbändigen Geschichte des Materialismus von Friedrich Albert Lange.
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Solche Exzerpte und Notizen werden nun ständig aus den „Nachgelassenen Schriften“ herausgeplündert und das ist schwachsinnig, wenn man darüber zu Nietzsches Wertvorstellungen führen will. Und das gilt ausdrücklich zur „Umwertung aller Werte: Der „Wille zur Macht“ – dieses als vierteiliges Hauptwerk jahrelang geplante und erhoffte Konzept gab Nietzsche ausdrücklich deshalb auf, weil er den Denkansatz für falsch erkannte.
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Es gibt keinen Wille zur Macht von Nietzsche –
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So kann es jeder, der Nietzsche studiert, erkennen und unausweichlich ebenso erkennen wie Nietzsche, der in seinem letzten Schaffensjahr 1888 ausgiebig Auskunft darüber gibt: Er kommt nicht zur Umwertung des Willens, sondern zur Wahrheit der Lüge.
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Was von dem gescheiterten Hauptwerk bleiben soll, war der „Antichrist“, Nietzsches „Gott ist tot-Schrift“. Es ist der als einziger Teil der vier geplanten, des „Willen zur Macht“, abgeschlossenen und vollendeten, noch zum Druck bestimmte „Antichrist“, Nietzsches letztes geltendes Werk: Der Antichrist ist aber nicht mehr als Teil einer Umwertung oder eines Wille zur Macht rückwirkend umzudeuten. Auch Maurizio Ferraris vergreift sich hier.
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Es darf jeder alles sagen und fühlen und drucken lassen, was ihm einfällt – und wenn man es dann liest, hat das Geschriebene Folgen oder nicht. Manchmal wird darüber nur diskutiert und Alles bleibt beim alten.
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Sorry Mister – man kann nicht mit dem ahnungslosen Markus Gabriel darüber diskutieren, der sich momentan mit postmodernen Wortspielen und Geklimper (WARUM ES DIE WELT NICHT GIBT) peinlich wichtig tut.
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Ferraris Manifest kurz exponiert: Ferraris antwortete auf die Frage von Markus Gabriel zu einer Überschrift zum Thema einer Konferenz für „zeitgenössische Philosophie“ mit dem philosophisch-zeitgeistigen Sammelbegriff: „New Realism“.
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Ferraris dachte dabei an eine Pendelbewegung des Denkens im zurückliegenden Jahrhundert von Antirealismus, Hermeneutik, Postmodernismus, sprachliche Wende, Dekonstruktivismus, einerseits.
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Und er war von dem Pendelgegenschlag überzeugt, dass am Anfang des neuen Jahrhunderts Ausprägungen von Ontologie, Kognitionswissenschaften, Ästhetik und Wahrmehmungstheorie bringen könnte.
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Ich kritisiere, dass Ferraris nicht den postmodernen Wendezeitpunkt – am Ende der modernen Fortschrittsgläubigkeit im Jahr 1979 – angibt, sondern in die Jahrhundertschublade greift, als wechselten die Menschen zur Jahrhundertwende die Nervensysteme.
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Wenn er sein Manifest im Jahr 2012 als Kurzrück- und Vorausblick herausgibt, hätte sein Neuer Realismus nicht das Jahr 2000 als Wendepunkt nennen dürfen oder gebraucht – auch die IT-Revolution beginnt durchgreifend bereits zwanzig Jahre vorher.
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Eher ließe sich sagen, das zwanzigste Jahrhundert endete vorzeitig im Jahr 1979.
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Ferraris trifft aber durchaus den Kern der Ansätze der Neuen Sinnlichkeit von Dietmar Moews und den Kern der Kritik von Dietmar Moews an all den Dekonstruktivisten und Relativisten der Wahrheitsverleugner.
Ferraris Bild der Pendelbewegung ist m. E. wiederum Unfug, ähnlich wie es keine ewige Wiederkehr im Untergang des Abendlandes gibt. Menschheitsgeschichte ist nicht einfach biologisch oder physikalisch. Das Leben dreht sich bestenfalls um eine Mitte von Leben und Tod.
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Ferraris schreibt: Das Manifest wendet sich gegen zwei Bewegungen: das postmoderne Denken und den Kult der Ironisierung.
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Gemeint sind der postmoderne Universalverdacht gegen das Denken als Fälschung und die Diskreditierung des Wertes der Wirklichkeit – und gegen einen Konstruktivismus, der behauptet, die Welt in der Begriffsarbeit seiner Beobachter hervorbringen zu können.
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Kurz gesagt: Wir streiten hier dagegen, dass das stalinistische Motto: „Die Partei hat immer Recht“ (der schwachmatische Mc Luhan: The medium is the message), politische Methode sein darf, mit dem Segen der Philosophen. Kurz, es geht um Macht oder Wahrheit, der postmoderne Angriff auf die Wirklichkeit im Medium der Entdifferenzierung von Sein und Wissen.
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Ferraris schreibt ganz schmissig: Idealismus und Aufklärung wurden durch English, Internetz und Unternehmen abgelöst. Der „Tugschluss Wissen – Macht“ wird von und durch Macht durchgesetzt. Selbst das neue Wissen über Macht wird von der Macht gebeugt.
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Aber der Neue Realismus des Ferraris möchte mit Kant die Verleumdung der Wahrheit unter den Kategorien des Denkens zurückweisen, indem er zutreffend sagt: Irrend lernt man oder andere lernen (ja, wie lernt man? Unter Einsicht in Wahrheitswissen: es regnet, ich werde naß – die sinnliche Erkenntnis der Neuen Sinnlichkeit – versteht jeder).
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Die Wahrheit zu verabschieden ist nicht nur ein Geschenk ohne Gegenleistung, das man der „Macht“ macht, sondern vor allem der Widerruf der einzigen Chance auf Emanzipation, die sich der Menschheit bietet: des Realismus gegen Illusion und Zauberei.
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Dietmar Moews meint: Auch in der neuen Sinnlichkeit wird auf Kant und die Kritik der Urteilskraft und die Aufklärungspostulate hingewiesen.
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Was bei Ferraris Manifest des neuen Realismus einfach blöd erscheint, ist das Unverständnis bzw. das Missverständnis mit Nietzsche.
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Ferraris glaubt, Nietzsche als Anti-These in seiner Argumentation verstehen und nutzen zu dürfen, indem er zitiert: Nietzsche habe die Wahrheit nur als Wirkung der Macht gesehen und will deshalb die Aufklärung delegitimieren, für die das Wissen und die Wahrheit Vehikel der Emanzipation waren, Instrumente der Gegenmacht und der Tugend. Laut Ferraris, irrtümlich, sei für Nietzsche geltende Erkenntnis: Dass die Wahrheit ihren Posten für die Illusion und die Entfaltung der Macht räumen müsse.
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Ich weise auf die Neue Sinnlichkeit und zwangsläufig darauf, gefälligst Nietzsche nachzulesen, wenn es um Nietzsches letzte geltende Erkenntnis geht: Da handelt Nietzsche von den Widrigkeiten des Lebens überhaupt und im konkreten Menschengemachten, Sozialen, Sexuellen, Religiösen usw. und Nietzsche antwortet: Der Mensch wird durch die Kunst der Lüge Herr über den Stoff.
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Das ist Nietzsches Felix Mendel, die Wahrheit der Kunst der Lüge. Diese Wahrheit ist wahr und ist die Macht über die Macht.
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Aber um die Absprachen von Macht und Wissen aufzudecken, wiederum brauchen wir das Wissen und die Wahrheit als emanzipatorisches Urteilswissen.
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