Lichtgeschwindigkeit 4459
am 27. Mai 2014
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Der angeblich in der Krankenabteilung der bayerischen JVA Landsberg einsitzende Schwerkriminelle Uli Hoeneß von Bayern München, der zwischen 30 und 70 Millionen EURO den Staatskassen durch komplizierte Steuerbetrugstechniken schadete und nun noch die Kosten des Strafvollzuges verursacht, wird hier als sozialer Beispielfall beleuchtet: Ob und wie wirkt der Fall Hoeness moralisch?
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Frage im engen und weiteren Sinn sind etwaige Wirkungen des Kriminalfalles Uli Hoeness, als ein Vorbild oder Beispiel, auf die vorhandenen Moral- und Wertvorstellungen in der sozialen Welt einerseits, andererseits auf die praktizierten Moralverhalten. Dabei ist streng zwischen den Wertvorstellungen und den Werterklärungen der Menschen – was sie glauben, denken und vorstellen – und ihrem wirklichen Verhalten zu unterscheiden, wenn sie wirklich dran sind.
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Solche gelebten Moralbegriffe finden in den verschiedenen Lebenssphären unterschiedlich Ausdruck – wobei ein Individuum im normalen Alltagsleben eine konstante moralische Einstellung beibehält.
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Unter extremen oder geänderten Situationen sind Moral- und sonstige Wertbegriffe zwar als Vorurteile konstant, Anpassungsdruck und Lebensnotwendigkeiten erlauben aber Haltlosigkeit oder zweckrationale Verhaltensänderungen.
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Um hier empirische Erkenntnisanhalte zu erkennen, ist nötig, die Art der sozialen Beziehungen und der sozialen Szenerie, auf die ein Individuum reflektiert, zu unterscheiden und zu trennen.
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Im Fall Uli Hoeness, wie in jedem Fall, gibt es die informellen intimen Moralhaltungen der persönlichen Bindungen und Bindungsschwächen.
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Ferner gibt es das Privatleben, der Familie, der Bekanntschaften, der Freunde, der Geschäftsbeziehungen – in denen stets auch Moralbegriffe – meist einfache Bezüge von Gut und Böse – gelebt und abweichend davon, auf Begriffe gebracht werden.
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Außerdem gibt es die moralische Positionierung in der Öffentlichkeit. Hier finden wir beinahe durchgängig kaum individuelle Proklamationen. Wenn überhaupt äußern sich in der Öffentlichkeit prominente Personen angepasst, in dem sie sich solchen bereits in den Massenmedien geführten Moralverurteilungen oder Moralforderungen anschließen.
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Ausnahmsweise leisten sich Individuen, die sich selbst als normale, nichtprominente Alltagsmenschen einschätzen, besonders abweichende oder emotionale Aussagen zu Gut und Böse.
Wie es auch wenige Prominente gibt, die in besonderen Moral-Stress-Situationen, wie auch im Falle des Steuerkriminellen Uli Hoeness, sich vorwagen, öffentliche Moralerklärungen abzugeben. Dabei zielt immer ein Kalkül auf die mediale Resonanz und die Selbstaufwertung desjenigen, der sich zu Gut und Böse erklärt.
Eine Sondertechnik besteht darin, Mutterwitz, Schlaumeierei, Ironie oder Zynismus auszudrücken – ein besonderes Beispiel ist der Fußballprominente Franz Beckenbauer, der in allen möglichen passenden und unpassenden Gelegenheiten sein „Schaun mer mal“ oder „der liebe Gott hats so gewollt“ anfügt. Beckenbauer nutzt diese Leerformeln zu mehreren eigennützigen Funktionen: zur Selbstentlastung, nicht wortlos und gedankenlos zu scheinen, – zur Ablenkung von moralischen Schlussfolgerungen, – zur Entlastung eines schlechten Moralvorbildes, – zur Verweigerung der persönlichen Anerkennung durch Beckenbauer, einer zur Kommentierung anstehenden Person.
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Jedenfalls haben Beckenbauers Leerformeln immer Entlastungscharakter und die Macht des Prominenten, Folklore und Banalität zu propagieren, wo Kritik und Analyse, Vorbildhaftigkeit und Vorbildverantwortungsbereitschaft, öffentlich verlangt wären. Beckenbauer möchte gerne die Vorteile der Prominenz nicht mit der Verantwortung als Vorbild bezahlen, sondern sich öffentlich aufführen wie ein Privatmensch.
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Hier sind sich Hoeness und Beckenbauer ähnlich. Hoeness möchte auch gerne das große Rad drehen, vergleicht sich dann aber in absoluten Zahlen mit den Steuerzahlungen eines privaten Normalbürgers.
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Dietmar Moews meint: Meine Betrachtungen und Überlegungen zu Wirkungen des Falles Uli Hoeness auf das spezielle und allgemeine Moralverhalten und auf Moral in den Reden der Leute, zielt auf nachweisliche Veränderungen des heute Üblichen von Sitte und Gebrauch im Reden und Tun.
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Befund dieser Hoeness-Moral-Betrachtung zeichnet sich eindeutig ab:
Veränderungen in Wertvorstellungen sind kaum zu beobachten. Allerdings werden die Moralverhalten in Wort und Tat, wie sie heute „normal“ und üblich sind, deutlicher – mehr Leute bringen was raus, die sich sonst zu Fragen der Moral nicht vorwagen. Der Fall bringt viele Menschen dazu, sich dazu zu erklären.
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In Interviews nach Abpfiff des Fifa-Endspiels, sagte der Fifa-Spieler Bastian Schweinsteiger ungefragt in die Mikrofone: „Ich möchte anfügen: Ich möchte Uli Hoeness danken – Hoeness hat erheblichen Anteil an diesem Erfolg.“
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Es ist erstaunlich bzw. als schlichte Tatsache aufzunehmen, dass der selbst höchstprominente dreißigjährige Fifa-Spitzenfußballer Schweinsteiger, Vertragsspieler der Fifa und der FC Bayern AG, seine Möglichkeit der öffentlichen Moralpositionierung gebraucht:
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Schweinsteiger äußert sich moralisch (persönliche Solidarität für den Straftäter, statt öffentliche Moral).
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Schweinsteiger schweigt weiterhin zu Fifa und Insiderwissen zu Manipulationen, Personnage-Bünde, Marketing- und Werbe-Kampagnen, Medienverbindungen der Personnage, Doping-Praktiken – von Schweinsteiger kam auch der Begriff „homöopathisches Doping“ von Müller-Wohlfahrt (er sprach es ohne Gänsefüßchen).
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Das Beispiel Schweinsteiger, in dieser Bezugnahme zum Fall Uli Hoeness, unmittelbar nach dem Endspielsieg in Rio de Janeiro, zeigt, dass und wie der Nachwuchs in der Moralpeer-Group des gesellschaftlichen Fußballwesens, Schweinsteiger, ganz folkloristisch an seine Vorbilder Beckenbauer und Hoeness anschließt (Beckenbauer hat sich im Sieg bei niemand bedankt). Schweinsteiger sieht, dass er sich das ohne viel Umstände erlauben kann (den Umstand hier in der Lichtgeschwindigkeit wird Schweinsteiger überleben).
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Wir sehen, dass von Größen wie Schweinsteiger keinerlei Selbstkritik oder Reformaktivitäten oder Reformkommunikation hinsichtlich der Fifa und des DFB erwartet werden können. Schweinsteiger verkörpert dabei den ganz normalen Mob der Mitmacher, der glaubt, salonfähig zu sein, wenn er als öffentliche Person, die privaten Maßstäbe raushängt.
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Verantwortungsbewusster und intelligenter verhält sich der Prominente Mehmed Scholl, der zumindest in seinen aktuellen Fifa-WM-TV-Auftritten den Fall Hoeness nicht in die falschen Ohren hineinstrapaziert hat, wie es Schweinsteiger gestern versuchte – schreiben wir es Schweinsteigers Zurechnungsfähigkeit (und Scholls Klugkeit) unmittelbar nach dem Abpfiff zu.
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Schweinsteiger sollte die Angelegenheit erneut bedenken und darauf differenzierter öffentlich eingehen: Fall Hoeness, öffentlich und privat – Fall Fifa, öffentlich und privat.
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